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  • #61
    Zitat von alexander Beitrag anzeigen
    Zusammengefasst gaben 2 meiner Aussagen Anlass zur Diskussion:
    1. Amphibien laichen in der Regel nur 1x im leben!
    Das ist ganz klar falsch. Grund 1: Wenn man (wie in Deinem Fall) einen Biotop untersucht, der direkt an einer stark befahrenen Straße liegt, könnte man vielleicht rechnerisch zu solchen Ergebnissen kommen. Allerdings übersieht man dabei die Seiten des Teiches, die von der Straße abgewandt liegen. Dort haben die Tiere keine Probleme mit dem Verkehr und werden älter. Sie vermehren sich also öfter.

    Grund 2. Um das wirklich definitiv klären zu können, müsste man JEDES Tier erfassen und nachher untersuchen, ob man es wieder findet. Das scheitert an mehreren Problemen: Man findet bei so versteckt lebenden Arten wie Molchen niemals alle Tiere wieder. Man müsste sie weiterhin überhaupt erst einmal eindeutig unterscheiden können. Da man schlecht von jedem Molch zwecks eindeutiger Wiedererkennung permanent Genproben nehmen kann (wäre zu teuer und Tierquälerei), müsste man sie fotografieren. Ich habe das Experiment mit den Feuersalamandern in meiner Umgebung durch und weiß, wie zeitaufwändig und wie lückenvoll diese Methode ist. Feuersalamander haben aber immerhin wenigstens ein gut erkennbares Muster. Da sich das aber auch schon schon zwischen juveniler und adulter Lebensphase ändert, also auch schon fehlerhaft ist, kann ich mir nicht vorstellen, wie man das optische Wiedererkennungssystem auf Molche übertragen könnte?

    Grund 3: In den Biotopen, die ich kenne, sind überwiegend immer auch ziemlich große Tiere (Bergmolche, Feuersalamander, Froschlurche) während der Paarungszeit zu sehen. Wenn die Tiere das erste Mal zur Paarung kommen, sind sie noch nicht voll ausgewachsen. Das bedeutet: Würden die meisten Tiere nach der ersten Fortpflanzung sterben, müssten viel mehr jüngere, also kleinere Tiere zu sehen sein. Das ist aber nicht der Fall.
    Zitat von alexander Beitrag anzeigen
    2. Die Ernährung von Molchen in der terrestischen Phase ist nicht einfach.
    Das ist Unsinn. Molche fressen an Land genauso gut, wie im Wasser. Gar kein Problem. Vor allem, wenn man kleine Nacktschnecken verfüttert, geht im Terrarium die Post ab. Regenwürmer, Asseln, notfalls Wachsmaden, Getreideschimmelkäfer, Käfer, Raupen (verfüttere ich aber aus Naturschutzgründen nicht mehr), Mehlwürmer… da gibt es doch ausreichend Varianten. Ich kenne jemanden, der im Garten einfach alles, was er unter ausgelegten Stein- und Holzplatten findet, in die Terrarien schüttet. Wird alles gefressen, wenn es nicht zu groß ist oder zurückbeißt.

    Wenn es sich um die Fütterung von Jungtieren handelt, ist man mit Enchyträen immer auf der sicheren Seite, auch wenn es angeblich nicht gesund ist. Ich habe immer ganz kleine Nacktschnecken und junge Kellerasseln verfüttert. Man kann auch Baby-Heimchen geben. Sehr einfach ist auch die Methode, sich in einem Laubwald einfach eine Tüte voll Laub zu suchen, dort die Spinnen, Laufkäfer und anderen Fressfeinde heraus zu suchen und dann die jungen Molche einfach in diesem Substrat zu halten. Da lebt genug Kleinzeug, was als Futter dient. Oder man nimmt sich ein ausgestochenes Rasenstück und legt das ins Aufzuchtbecken. Damit spart man sich gleich noch den Bodengrund. Dort ist ebenfalls genug Futter enthalten. Ich habe mit diesen Methoden bisher immer alle Jungtiere nach der Metamorphoseaufziehen können.

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    • #62
      Zitat von FrankN Beitrag anzeigen
      Das ist ganz klar falsch.
      So absolut ist das wohl gleich falsch wie die Behauptung von Alexander. Wir haben mal eine Untersuchung mit Kammmolchen gemacht. Da war die jährliche Ueberlebensrate etwa 50%. Dazu kam, dass ein substantieller Teil der Tiere nicht jedes Jahr an der Fortpflanzung teil nahm (ich weiss die Zahl nicht mehr exakt, der Einfachheit halber sagen wir mal 50%; für mein hypothetisches Beispiel ist die Genauigkeit ausreichend). Wenn du also mit 100 Tieren anfängst, die zum ersten Mal reproduzieren, so überleben 50 davon das erste Jahr. Von den 50 reproduzieren im zweiten Jahr nur 50%, also 25. Im dritten Jahr überleben noch 100*0.5*0.5 = 25, von denen wiederum nur 50% reproduzieren. Also ~12. Wenn man also die tiefen jährlichen Ueberlebensraten berücksichtigt und die Tatsache, dass nicht alle reproduzieren, so ergibt sich doch ein grosser Anteil der Population (aber nicht alle), der nur 1x reproduziert.

      Zitat von FrankN Beitrag anzeigen
      Grund 2. Um das wirklich definitiv klären zu können, müsste man JEDES Tier erfassen und nachher untersuchen, ob man es wieder findet.
      Nicht einverstanden. Genau für diesen Fall -eigentlich ist es der Normalfall, dass man nicht alle Tiere fängt und/oder wiederfängt- wurde die Fang-Wiederfang-Statistik entwickelt. Mit dieser Methode kommst du zu Aussagen über die Populationsdynamik, ohne alle Tiere fangen zu müssen.

      Ein Beispiel ist die auch schon zitierte Arbeit über den Feuersalamander:
      http://www.zool.uzh.ch/static/resear...salamandra.pdf

      Gruss, Benedikt

      Kommentar


      • #63
        Zitat von Benedikt Beitrag anzeigen
        So absolut ist das wohl gleich falsch wie die Behauptung von Alexander. Wir haben mal eine Untersuchung mit Kammmolchen gemacht. Da war die jährliche Ueberlebensrate etwa 50%. Dazu kam, dass ein substantieller Teil der Tiere nicht jedes Jahr an der Fortpflanzung teil nahm (...)
        Mit welchen konkreten Erfassungsmethoden wollt Ihr denn diese Ergebnisse erzielt haben? Vor allem interessiert mich, wie Du nachweisen willst, dass manche Tiere in manchen Jahren nicht zur Fortpflanzung erschienen sein sollen?

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        • #64
          Zitat von Benedikt Beitrag anzeigen
          (...) Fang-Wiederfang-Statistik entwickelt. Mit dieser Methode kommst du zu Aussagen über die Populationsdynamik, ohne alle Tiere fangen zu müssen.

          Ein Beispiel ist die auch schon zitierte Arbeit über den Feuersalamander:
          http://www.zool.uzh.ch/static/resear...salamandra.pdf

          Gruss, Benedikt
          Da mein Englisch irgendwie doch zu beschränkt ist (ich habe auf Seite 3 aufgegeben): Kann mir jemand kurz diese Methode erklären? Anscheinend läuft es ja auf Stichprobenentnahme hinaus, die mit irgendeiner Methode verrechnet wird.

          Kommentar


          • #65
            Zitat von FrankN Beitrag anzeigen
            Da mein Englisch irgendwie doch zu beschränkt ist (ich habe auf Seite 3 aufgegeben): Kann mir jemand kurz diese Methode erklären? Anscheinend läuft es ja auf Stichprobenentnahme hinaus, die mit irgendeiner Methode verrechnet wird.
            Eine ganz kurze deutschsprachige Version der Arbeit gibt es hier:
            http://www.uniaktuell.unibe.ch/conte...08/salamander/

            Die Sache im Detail zu erklären, auch wie man dann noch abschätzt, wie oft die Tiere an der Fortpflanzung teilnehmen, würde dann doch wohl zu lange dauern ... hier mal eine Kurzversion.

            Du fängst Tiere und markierst oder fotografierst sie; halt eine Methode, mit der du sie wieder erkennen kannnst. Kammmolche kannst du mit Kescher und Fallen fangen und die Bauchmuster fotografieren.

            Fang-Wiederfang-Methoden kannst du anwenden, wenn du Tiere mindestens 3x gefangen hast, z.B. jedes Jahr 1x. Manche Molche fängst du im ersten und dritten Jahr, nicht aber im zweiten Jahr. Diese Molche haben offensichtlich gelebt, aber du hast sie nicht gefangen. Das sagt dir was aus über deine Fangeffizienz im zweiten Jahr. Und über die Fangeffizienz kannst du dann ausrechnen, welcher Anteil der Molche gestorben ist und welcher einfach nur übersehen wurde.

            Wie man das konkret rechnet, kann ich auch versuchen zu beschreiben. Setzt aber ein Grundwissen an Wahrscheinlichkeitsrechnung voraus.

            Gruss, Benedikt

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            • #66
              Unglaublich dass es in diesem Forum mal noch ne Diskussion auf solchem Niveau gibt
              Q>Q!

              diverse arboreale Reptilien

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              • #67
                Zitat von Benedikt Beitrag anzeigen
                Eine ganz kurze deutschsprachige Version der Arbeit gibt es hier:
                http://www.uniaktuell.unibe.ch/conte...08/salamander/
                (…)
                Fang-Wiederfang-Methoden kannst du anwenden, wenn du Tiere mindestens 3x gefangen hast, z.B. jedes Jahr 1x. Manche Molche fängst du im ersten und dritten Jahr, nicht aber im zweiten Jahr. Diese Molche haben offensichtlich gelebt, aber du hast sie nicht gefangen. Das sagt dir was aus über deine Fangeffizienz im zweiten Jahr. Und über die Fangeffizienz kannst du dann ausrechnen, welcher Anteil der Molche gestorben ist und welcher einfach nur übersehen wurde.
                (…)
                Danke für den link. Ich habe beschlossen, dass ich mich doch einmal durch das Original kämpfe. Mein Problem ist – wie ich beim Lesen bemerkt habe – doch nicht das Englisch, sondern mehr das Verständnis der Formeln. Denn wenn man (Seite 3, Formel 2) gleich einmal auf Matrizen-Rechnung stößt, kommt man schon ein wenig ins Grübeln. Ich werde mir das Schema einmal selbst herausarbeiten. Aber andererseits – wenn schon jemand damit gearbeitet hat – müssen ja einfach nachvollziehbare Formeln existieren? Insofern könntest Du sie mir gern geben.

                Grundsätzlich will ich hier nicht krampfhaft nachweisen, dass jemand unrecht hat. Ich bin immer offen für neue Erkenntnisse. Ich sehe aber ganz einfach einen deutlichen Widerspruch zwischen der anscheinend wissenschaftlich gewonnenen Aussage „Amphibien laichen im Durchschnitt nur 1x im Leben“ und den Erfahrungen aus der Praxis. Als Techniker vermute ich da sofort einen Fehler in der Methode der Datenerhebung, deren Auswertung oder den verwendeten Berechnungsmodellen. In besagtem Dokument geht es um Feuersalamander. Und ich selbst wohne in einer Gegend, in der Salamander vorkommen. Dort mache ich oft genug Rundgänge. Die Weibchen, welche an den Bächen beim Larven-Absetzen zu finden sind, sind stets überwiegend große Exemplare, also mehrjährige Weibchen. Der Anteil an jungen Weibchen ist viel zu gering. Bei den männliche Tieren ist es nicht anders. Hier kann die Theorie unmöglich stimmen.

                Es ist ergibt sich zunächst schon die Frage, wie man berechnet, dass Amphibien durchschnittlich nur 1x im Leben laichen. Welche Tiermenge setzt man als 100% an? Alle, auch schon die Larven? Na, dann laichen Amphibien durchschnittlich noch seltener, weil sie größtenteils bereits in den ersten Monaten gestorben sind. Nimmt man die jungtiere nach der Methamorphose mit dazu? Oder nur die, welche den ersten Winter überlebt haben? Oder nur die, welche bis zum Erreichen der Geschlechtsreife überlebt haben? Im letzteren Fall ergibt sich dann die Frage, ob diese Exemplare tatsächlich noch eine so hohe Sterblichkeit (wie im Beispiel 50%) haben können? Denn vielleicht sind sie nur deshalb überhaupt erst so alt geworden, weil sie vorsichtiger lebten als ihre Artgenossen? Oder in einem sichereren Biotopabschnitt? Dann dürfte sich das auch weiter positiv auf ihre Überlebenschance auswirken. Größere Tiere dürften immerhin auch weniger Fressfeinde haben.

                Und wie alt werden Amphibien denn in der Natur tatsächlich? Da wir das bereits nicht wissen, kann man die Aussage, „Amphibien laichen nur 1x im Leben“ noch eher anzweifeln. Ich würde es ja noch akzeptieren, wenn es um Tiere geht, die möglicherweise wirklich nicht sehr alt werden (ich dachte spontan an Laubfrösche und Unken, bin mir da aber auch nicht sicher). Aber selbst bei diesen Arten würde ich eher annehmen, dass sie durchschnittlich wenigstens 2x laichen. Zum Amphibienalter habe ich vorhin dieses Dokument gefunden, allerdings betont der Autor, dass seine Daten nicht als sicher gelten können.

                Ich bezweifle auch, dass tatsächlich so viele Exemplare während der Laichzeit nicht zur Fortpflanzung kommen. Ich könnte mir gerade bei weiblichen Feuersalamandern noch am ehesten vorstellen, dass einige Weibchen im letzten Jahr unbefruchtet blieben und deshalb keine Jungen absetzen. Allerdings dürften das nur wenige sein. Da ich weiß, wie aufmerksam die männlichen Tiere immer ihre Umgebung beäugen, dürfte ihnen kaum ein Weibchen entkommen. Allgemein wirken die Salamanderherren immer sehr interessiert an den Damen… ;-)

                Aber bei Froschlurchen und Molchen denke ich nicht, dass so viele nicht zur Fortpflanzung erscheinen. Gerade, wenn man mit Wahrscheinlichkeitsrechnung herangeht, ergeben sich völlig andere Ergebnisse, wenn man die angesetzten Werte variiert: Wenn man z.B. annimmt, 50% der Tiere kämen nicht zur Fortpflanzung, ergeben sich tatsächlich dramatisch schlechte Werte. Wenn man aber stattdessen nur 10% oder noch weniger (halte ich für realistischer) ansetzt, sieht das Ergebnis schon viel besser aus.

                Noch etwas zu der erwähnten Zählung der Kammmolche: Wenn man einen Molch nicht wiederfängt, hat das aus meiner Sicht nicht viel zu sagen. Das kann mehrere Ursachen haben: Er kann durchaus im Wasser sein, doch man findet ihn nur nicht. In den typischen, leicht verkrauteten Gewässern ALLE Kammmolche wiederzufinden, halte ich für unmöglich. Ich weiß ja nicht, wie der untersuchte Teich beschaffen war... Nicht jeder Molch kriecht in die Falle und nicht jeden Molch sieht man, um ihn keschern zu können. Außerdem kommen manche Tiere eher als andere und manche sind schon eher wieder an Land, während andere erst später kommen. Anscheinend sind vor allem die Weibchen kürzer im Wasser als Männchen, da sie nach der Eiablage schnell wieder verschwinden (möglicherweise, um diesen aufdringlichen männlichen Artgenosssen zu entgehen). Bei Erdkröten ist dieser Effekt ja bekannt und deutlich zu sehen. Bei den Bergmolchen in meiner Umgebung habe ich diesen Effekt eigenartigerweise nicht beobachtet - da waren häufig die Weibchen länger im Wasser. Bei Bergmolchen konnte ich beobachten, dass manche Tiere zwischendurch auch einmal wieder an Land unter Verstecken saßen, weshalb auch diese Exemplare bei der Suche im Wasser durch das Raster fallen würden.

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                • #68
                  Guten Morgen,

                  Soweit ich das hier sehe, ist die Zahl doch rein statistisch zu sehen- und damit für die Realität absolut in keinster Weise relevant, sondern lediglich ein vereinfachter Wert. Oder hat irgendwer hier 2,3 Kinder- das ist im Normalfall gar nicht so möglich; trotzdem halt ein rechnerischer Wert. Nur diskutiert da doch auch keiner darüber, dass es doch auch Familien mit nur einem Kind gibt, Familien ohne Kinder, und Familien mit sieben Kindern...

                  Dementsprechend sollte man das hier auch sehen, denke ich. Zumal mir diese Methode auch sehr ungenau erscheint und nur in gewissen Teilbereichen anwendbar zu sein scheint, jedoch nicht unendlich auf die Realität übertragbar- auch wenn manche das glauben.

                  Finde ich allerdings auch interessant, durch die Tatsache, dass ein Molch nicht gefangen wurde, quasi darauf zu schließen, dass er nicht anwesend war

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                  • #69
                    Zitat von FrankN Beitrag anzeigen
                    Aber andererseits – wenn schon jemand damit gearbeitet hat – müssen ja einfach nachvollziehbare Formeln existieren? Insofern könntest Du sie mir gern geben.
                    Hier mal eine Versuch, Fang-Wiederfang zu erklären (bezogen auf die Schätzung von Ueberlebensraten).

                    Also: Du hast Tiere in drei Jahren gefangen. Es gibt vier "Schicksale" der Tiere:
                    1) 3 mal gefangen
                    2) beim ersten & zweiten Mal gefangen, nicht beim dritten Mal
                    3) beim ersten & dritten Mal gefangen, nicht beim zweiten Mal
                    4) beim ersten Mal gefangen, nicht beim zweiten & dritten Mal

                    Bei "Schicksal 1" hat das Tier 2x überlebt und wurde 2x wieder gefangen. Diesem Schicksal kann du folgende Wahrscheinlichkeit zuweisen:
                    überleben 1 * gefangen im zweiten Jahr * überleben 2 * gefangen im dritten Jahr

                    (Wobei überleben 1 = Wahrscheinlichkeit, von Jahr 1 zu Jahr 2 zu überleben ist und gefangen im zweiten Jahr ist die Fangwahrscheinlichkeit im zweiten Jahr)

                    "Schicksal 3" sähe so aus:
                    überleben 1 * nicht gefangen im zweiten Jahr * überleben 2 * gefangen im dritten Jahr

                    Wenn du im ersten Jahr 90 Tiere markiert hast und davon 30 "Schicksal 1" haben (also 3x in Serie gefangen), so sollte folgende Gleichung gelten:
                    30 = 90 * überleben 1 * gefangen im zweiten Jahr * überleben 2 * gefangen im dritten Jahr

                    Und sagen wir, es sind 20 Tiere mit "Schicksal 3" so gilt
                    20 = 90 * überleben 1 * nicht gefangen im zweiten Jahr * überleben 2 * gefangen im dritten Jahr

                    Das kannst du mit allen 4 "Schicksalen" machen. Damit erhältst du ein Gleichungssystem, welches du nach den den gesuchten Grössen überleben 1, überleben 2, gefangen im zweiten Jahr, gefangen im dritten Jahr auflösen kannst. (Technisches Detail: Du kannst keine Fangwahrscheinlichkeit für das erste Jahr berechnen und du kannst in diesem speziellen Fall nur das Produkt (überleben 2 * gefangen im dritten Jahr) schätzen.)

                    Zitat von FrankN Beitrag anzeigen
                    Ich sehe aber ganz einfach einen deutlichen Widerspruch zwischen der anscheinend wissenschaftlich gewonnenen Aussage „Amphibien laichen im Durchschnitt nur 1x im Leben“ und den Erfahrungen aus der Praxis.
                    Das ist die Behauptung von Alexander. Wissenschaftlich gewonnen ist diese Aussage nicht; sonst würde Alexander uns sagen, in welcher wissenschaftlichen Publikation das steht. Meine Aussage war nur, dass ein grosser Teil der Tiere wohl tatsächlich nur 1x ablaicht.

                    Zitat von FrankN Beitrag anzeigen
                    Es ist ergibt sich zunächst schon die Frage, wie man berechnet, dass Amphibien durchschnittlich nur 1x im Leben laichen. Welche Tiermenge setzt man als 100% an? ... Oder nur die, welche bis zum Erreichen der Geschlechtsreife überlebt haben?
                    Gerechnet wird meiner Meinung nach sinnvollerweise nur ab Geschlechtsreife.

                    Zitat von FrankN Beitrag anzeigen
                    ob diese Exemplare tatsächlich noch eine so hohe Sterblichkeit (wie im Beispiel 50%) haben können?
                    Im Freiland sind die jährlichen Ueberlebensraten tatsächlich tief. Das zeigen alle entsprechenden Studien. Die von mir schon früher kritisierten Maximalalter sind m.E. irreführend, da definitionsgemäss nur wenige Tiere so alt werden. Der Durchschnitt liegt weit drunter.

                    Zitat von FrankN Beitrag anzeigen
                    Aber bei Froschlurchen und Molchen denke ich nicht, dass so viele nicht zur Fortpflanzung erscheinen.
                    Doch. Reproduktion ist "teuer". Vielen Tieren reicht es nicht, im Sommer gleich wieder genügend Reserven anzufressen um gleich im Folgejahr wieder reproduzieren zu können.

                    Zitat von FrankN Beitrag anzeigen
                    Wenn man z.B. annimmt, 50% der Tiere kämen nicht zur Fortpflanzung, ergeben sich tatsächlich dramatisch schlechte Werte. Wenn man aber stattdessen nur 10% oder noch weniger (halte ich für realistischer) ansetzt, sieht das Ergebnis schon viel besser aus.
                    War ein hypothetisches Beispiel um die Sache zu erklären. Welche % Realität sind, ist eine Forschungsaufgabe für die Feldherpetologie.

                    Gruss, Benedikt
                    Zuletzt geändert von Benedikt; 22.03.2009, 14:27. Grund: Ungenauigkeit in der Erklärung

                    Kommentar


                    • #70
                      Ich sehe, das ist ein interessantes Thema. Irgendwie erscheint mir diese Berechnung aber doch etwas zu vereinfacht.

                      Zitat von Benedikt Beitrag anzeigen
                      Hier mal eine Versuch, Fang-Wiederfang zu erklären (bezogen auf die Schätzung von Ueberlebensraten).

                      Also: Du hast Tiere in drei Jahren gefangen. Es gibt vier "Schicksale" der Tiere:
                      1) 3 mal gefangen
                      2) beim ersten & zweiten Mal gefangen, nicht beim dritten Mal
                      3) beim ersten & dritten Mal gefangen, nicht beim zweiten Mal
                      4) beim ersten Mal gefangen, nicht beim zweiten & dritten Mal
                      Wenn man die Methode auf ein Fang-Wiederfang-Prinzip eingrenzt, ist diese Betrachtung logisch und richtig. Denn Fang-Wiederfang setzt logischerweise mindestens 2 Fänge/Tier voraus. Aber in der Praxis fallen alle Tiere unter den Tisch, die man zwar 1x gefangen, aber 2x nicht wiedergefunden hat. Und die trotzdem noch leben.

                      Wenn man vereinfachend davon ausgeht, dass die Wahrscheinlichkeiten für „Überleben von Jahr 1-2“ und „Überleben von Jahr 2-3“ gleichgroß sind, ergibt sich die Überlebenswahrscheinlichkeit aus der vorgeschlagenen Logik also grob dadurch:

                      Zitat von Benedikt Beitrag anzeigen
                      Wenn du im ersten Jahr 90 Tiere markiert hast und davon 30 "Schicksal 1" haben (also 3x in Serie gefangen), so sollte folgende Gleichung gelten:
                      30 = 90 * überleben 1 * gefangen im zweiten Jahr * überleben 2 * gefangen im dritten Jahr
                      Und so könnte man die Überlebenswahrscheinlichkeit bereits ausrechen. Man unterschlägt aber dabei die Möglichkeit, dass max. 60 Exemplare auch noch leben, die man lediglich nicht wieder gefunden hat. Das bedeutet, dass man mit dieser Berechnung nur die minimale Überlebenswahrscheinlichkeit erhält. Die praktische muss höher sein.

                      Die Idee an sich klingt schon irgendwie logisch und nachvollziehbar und ist sicher ein Ansatz, Populationsgrößen zu erfassen. Aber eine Größe, die bei der Methode auch einfach ausgelassen wird, ist die Wahrscheinlichkeit, mit der man ein noch lebendes Tier nicht findet. Denn nicht gefundene Tiere können ja auch “nicht gesehen“, statt "tot" bedeuten. Ich kann doch mit diesem Gleichungssystem nur eine der beiden (sich beeinflussenden) Wahrscheinlichkeiten (tot bzw. nicht-gesehen) berechnen. Da immer die Wahrscheinlichkeit mit einbezogen werden muss, mit der ich ein noch lebendes Tier nur nicht sehe, wirkt sich das positiv auf die Überlebenswahrscheinlichkeit aus.

                      Die Leute, welche diese Schweizer Studie erstellten, hatten ideale Ausgangsbedingungen: Sie zählten einfach alle Tiere im Winterschlafquartier (alte Bergwerksstollen). Das ist natürlich ideal, weil man sie dort fast alle zusammen hat. Allerdings schrieben sie selbst, dass man trotz Standorttreue nicht davon ausgehen kann, dass immer alle Salamander im gleichen Winterquartier sind. Trotzdem: Besser kann man es kaum haben bei der Populationserfassung. Aber man kann wegen der optimalen Ausgangsbedingungen diese Herangehensweise nicht einfach auf die Salamander-Erfassung (betrifft auch alle anderen Tiere) anwenden, die man über das Jahr im normalen Gelände vornimmt. Dort leben die Tiere zu verstreut und zu versteckt. Der Anteil nicht gesehener, noch lebender Tiere wird viel höher sein als bei diesem Schweizer Projekt.

                      Das klingt nun sicher, als wolle ich unsere heimischen Amphibien nun krampfhaft älter rechnen und auf eine Vergreisung der Lurche hinweisen…


                      P.S.: Ich habe gerade noch einmal hachgesehen, worum es in diesem thread ursprünglich ging. Ach so - jemand hatte einen Bergmolch gefunden!
                      Zuletzt geändert von FrankN; 22.03.2009, 17:31. Grund: P.S. geschrieben

                      Kommentar


                      • #71
                        Zitat von FrankN Beitrag anzeigen
                        Aber in der Praxis fallen alle Tiere unter den Tisch, die man zwar 1x gefangen, aber 2x nicht wiedergefunden hat. Und die trotzdem noch leben.
                        Nein. Diese Tiere sind enthalten in dem, was ich "Schicksal 4" genannt habe. Und genau weil die Tiere "beim ersten Mal gefangen, beim zweiten und dritten Mal nicht" eben noch leben könnten, kannst du Ueberleben nicht aus "überleben 1 * gefangen im zweiten Jahr * überleben 2 * gefangen im dritten Jahr" berechnen.

                        Mit 3 Fängen gibt es 4 mögliche "Schicksale" (oder "Fanggeschichten"). Daraus ergibt sich ein Gleichungssystem mit 4 Gleichungen. Du brauchst alle 4 Gleichungen, um das Ueberleben und die Fangwahrscheinlichkeiten zu berechnen.

                        So, damit lass ich es bleiben. Offenbar lässt sich das nicht in einem Forum erklären. Schade.

                        Gruss, Benedikt

                        Kommentar


                        • #72
                          Zitat von Benedikt Beitrag anzeigen

                          So, damit lass ich es bleiben. Offenbar lässt sich das nicht in einem Forum erklären. Schade.

                          Gruss, Benedikt
                          Wieso soll es nicht erklärbar sein? Ich denke noch einmal in Ruhe darüber nach. Trotzdem Danke für die Hinweise.

                          Kommentar


                          • #73
                            Weil ich mir die Finger wund tippen müsste, bis alle Fragen und Einwände beantwortet sind.

                            Vielleicht helfen die Kapitel 1.1 und 1.2 hier
                            http://www.phidot.org/software/mark/.../pdf/chap1.pdf
                            (Tut mir leid, aber ich kenne keine gute deutschsprachige Einführung ins Thema.)

                            Gruss, Benedikt

                            Kommentar


                            • #74
                              Wenn du schreibst: "Meine Aussage war nur, dass ein grosser Teil der Tiere wohl tatsächlich nur 1x ablaicht."

                              Dann beziehst du dich aber nur auf die Altersberechnung der Feuersalamander, oder?

                              Philipp

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                              • #75
                                @Benedikt

                                Sali Benedikt,

                                leider habe ich den Oikos Bericht nicht bekommen und würde mich über eine Kopie sehr freuen!

                                Des Weiteren ein vollständiges Zitat zu den beiden chapters... :-)

                                Kannst du mit ne PN schreiben, vielleicht mit einer e-mail Adresse?

                                Danke und herzlichen Gruss
                                Nicolá
                                seit über 16 Jahren der Herpetologie verfallen (mehr darfs ja nicht sein, wenn man erst 17 ist )

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