Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.

Herpetologie

Einklappen
Dieses Thema ist geschlossen.
X
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

  • #16
    Re: Re: Herpetologie

    Ich nehme diese interessante Diskussion mal zum Anlass meine eigene Meinung dazu darzustellen. Die Vorwürfe aber zum Glück auch die Verteidigungen sind ja erheblicher Natur.

    Zum ersten was man bedenken muss: Der Beitrag hat nur einen winzigen Teil meiner Arbeit dargestellt. Aussagen, das an Kolonialzeiten erinnernde Sammelaktionen nur von europäischen und nordamerikanischen Instituten durchgeführt werden mag vielleicht für US Institute stimmen, da kenne ich mich nicht aus. Aber nicht für europäische und ganz und gar nicht für meine Person. Wir arbeiten vor Ort sehr eng mit der Wildlife Behörde und mit der Universität zusammen und werden im Land sowohl Staff als auch Studenten ausbilden. Von einer reinen Sammelaktionen kann daher nicht die Rede sein. Und die Europäer und Amerikaner haben auch nicht im eigenen Land alles abgemurkst. Das sind alles reine Stammtischatitüden die mich mittlerweile nerven. Daher hier der vielleicht zu aggresive Ton.

    Das Sammeln von Tieren ist auch heute noch Alltag in der wissenschaftlichen Arbeit. Das hat die unterschiedlichsten Gründe, von denen auch einige schon genannt wurden.
    Das man aus bisherigen Tierfilmen den Eindruck gewann, dass dort lebende Tiere untersucht und dann freigelassen wurden, liegt nicht an der Arbeit, sondern an dem Sender der tote Tiere nicht zeigen will. Das ist für den Sender immer ein Wagnis. Und da Zyrna schon die Agamen anspricht: Was macht einen denn sicher das es die Art ist um die es sich handelt? Es ist der Vergleich der einzelnen Populationen. In diesem Fall handelt es sich beispielsweise um Acanthocercus atricollis und eventuell die Unterart loveridgei. Erste Untersuchungen zeigen, dass der Unterartstatus wahrscheinlich nicht gerechtfertigt ist und es muss sich zeigen ob die zambische Population überhaupt loveridgei ist. Diese Vergleichsarbeit kann man nur machen wenn man das Tier tatsächlich hat und nicht mit aus der Erinnerung gewonnenen Daten. Es reicht im übrigen nicht aus, einfach nur ein Genprobe zu nehmen und das Tier laufen zu lassen. Die Genetik ist auch nur einer Arbeitsmethode und nicht das non-plus-ultra. Handelt es sich nicht um die Unterart wird das Belegtier noch wichtiger, weil es dann zum Holotypus, zum Namensträger wird. Diese Vergleichende Arbeit ist aber nur ein Aspekt von Sammlungen. Nur in Sammlungen erhält der z.B. Wissenschaftler die Formenkenntniss neue Arten überhaupt zu erkennen. Und auch das immer wieder auch in der DGHT zitierte Bild des Wissenschaftler der wild in der Gegend sammelt, alles tötet, damit er möglichst prahlen kann alle Daten aus den eigenen Tieren gewonnen zu haben ist mehr als nur überzogen. Sammlungen sind ein Archiv, das von jedem Wissenschaftler genutzt wird und die Zeit die ein Wissenschaftler in Museumssammlungen verbringt ist deutlich länger als die der Feldarbeit. Aber das sind nur ein paar wenige Aspekte aus der taxonomischen Sicht.

    Sammlungen bergen historisches Material an dem man z.B. die Klimageschichte rekonstruieren kann. Typische Waldarten, die vor 100 Jahren an einem Ort vorkamen, der heute Savanne ist, zeigen uns deutlich die Waldverbreitung zu der Zeit.
    Natürlich machen wir auch Verhaltensforschung. Aber mein Spezialgebiet ist nun mal die Systematik und nicht die Verhaltensbiologie. Zudem kommt, dass die Ausfuhrbestimmungen für Lebendtiere deutlich Zeitaufwendiger sind als für Belegexemplare. Zudem hätten wir gar nicht den Platz alle Tiere lebend zu halten. Und lebende Tiere mit Alkoholpräparaten zu vergleichen klingt nur auf den ersten Blick logisch. Wer mal versucht hat an einer lebenden Agame die Schuppen um die Körpermitte zu zählen wird mir beistimmen. Anmerken könnte man, dass sich die Tiere bei dieser Prozedur wahrscheinlich eh zu Tode stressen würden.

    Zudem kommt, dass Zambia kaum erforscht ist. In den Sammlungen finden sich nur vereinzelt Tiere und somit ist es nicht möglich wirklich klare Aussagen über den Artstatus der dortigen Populationen zu treffen. Und "nur ins Regal" stellen tun wir die Leichen auch nicht. Museumssammlungen sind aktiv und nicht verstaubt. Ein teil der Sammlung ist immer unterwegs an andere Museen um dort von Spezialisten der Gruppe untersucht zu werden.
    Andere kommen an unser Museum um die Tiere bei uns zu untersuchen.

    Und bevor man das Verhalten einer Art im Freiland untersucht muss man ja erstmal wissen, was es für eine Art ist. Und es ist auch nicht so, dass man auf jeder Reise von neuem willenlos wieder neu sammelt. Je bekannter der Artinventar, desto gezielter sammelt man. Und auch Herpetologen haben ein gewissen. Auch wenn dies immer bezweifelt wird.

    Wie grausam es ist, wenn ein Herpetologe das letzte Tier einer Art sammelt höre ich nun wirklich oft genug. Wie schon mehrfach gesagt wurde, ist die Art dann nicht durch den Herpetologen ausgerottet worden. Zudem gibt es keine ausgestorbene Art die nachweislich durch die Wissenschaft ausgerottet wurde. Bei dieser Gelegenheit möchte ich dann doch noch mal die nicht kleine Anzahl von Tieren erwähnen die auf dem Transportenwegen von Reptilien-Großhändlern versterben. Das dürften im jahr weiss Gott mehr Tiere sein als ein Herpetologe sammeln kann und diese Leichen haben im Gegensatz zu unseren tatsächlich keinen Wert.

    Und wie Ingo schon richtig anmerkt. Wissenschaftler stehen in der Pflicht abzuwägen was und wieviel sie sammeln. Und dieser Pflicht sind sie sich bewusst. Und natürlich liegen auch unentdeckte Arten in Museen, denn wir beschreiben gerade ein solche aber zum Vergleich, wie Ingo auch richtig sagt, braucht man Serien und aus bestimmten Gebieten gibt es die nunmal nicht und Zambia gehört dazu.

    Ich hoffe das konnte etwas zur Klärung beitragen,
    Philipp

    Kommentar


    • #17
      Re: Re: Herpetologie

      Zyrna schrieb:
      Entschuldigt bitte meine Naivität...
      Bin halt keine studierte Herpetologin...
      Herpetologie ist auch gar kein Studienfach.

      Liebe Grüße,

      Bex

      Kommentar


      • #18
        Re: Herpetologie

        Wollte das Einschnapsen ja nicht verteufeln!oder in Frage stellen!
        Der Sinn der Reihenfolge des Vorgehens blieb mir vorher verborgen!
        Mfg
        Waldmensch
        Waldmensch

        Kommentar


        • #19
          Re: Herpetologie

          Entschuldigt bitte meine Naivität...
          Bin halt keine studierte Herpetologin...
          Meine Aussage sollte keinen Angriff auf Dich darstellen, wenn es so rübergekommen sein mag, tut es mir leid. Ich bin übrigens auch kein Herpetologe, ich habe noch nicht mal Biologie studiert ;-)

          MfG Wulf

          Kommentar


          • #20
            Re: Re: Herpetologie

            Hallo Waldmensch,

            es war auch nicht auf dich bezogen aber um es auch nochmal klar zu stellen. Es gibt keine Reihenfolge des Vorgehens, denn beides geschieht gleichzeitig. Ich nehme nicht alle Tiere einer Population mit und auch alle Verhaltensweisen die die Tiere zeigen werden als Datensatz aufgenommen. Aber ich bin insofern kein Verhaltensbiologe als das ich mir große Laborversuche etc. ausklügele. Das ist so komplziert, dass es ein ganz eigenes Fach ist.
            Philipp


            waldmensch schrieb:
            Wollte das Einschnapsen ja nicht verteufeln!oder in Frage stellen!
            Der Sinn der Reihenfolge des Vorgehens blieb mir vorher verborgen!
            Mfg
            Waldmensch

            Kommentar


            • #21
              Re: Herpetologie

              @ Bex ...ich weis das Herpetologie kein Studienfach ist ...

              @ Phillip: Vielen Dank das du Stellung dazu genommen hast. Ich wollte auch niemanden angreifen (obwohl ich das glaube ich getan habe....sorry). Ich bin halt eine normale "Durchschnittsreptilienhalterin" und habe zwar bisher schon viel über Bestimmung von Arten usw gelesen habe mir aber, ehrlich gesagt, noch nie einen Kopf darüber gemacht wie das in der Praxis aussieht. Ich war halt wirklich so naiv und dachte das man das an lebenden Exemplaren macht und war deshalb umso schockierter als ich das genaue Gegenteil davon gesehen habe. Das mit dem "fangen der letzten Vertreter einer Art" war stark übertrieben von mir und dafür möchte ich mich auch entschuldigen. Ich bin halt so'n doofer Emotionsmensch... ;-) Also ich werde mich in Zukunft bemühen erst das Hirn und dann die Gefühlswelt einzuschalten.....

              Viele Grüße an alle

              Zyrna

              Kommentar


              • #22
                Re: Re: Herpetologie

                Zyrna schrieb:
                Also ich werde mich in Zukunft bemühen erst das Hirn und dann die Gefühlswelt einzuschalten.....
                Am besten immer beides gleichzeitig!



                wäre der Optimalfall :eyes

                Kommentar


                • #23
                  Re: Re: Herpetologie

                  Hallo Zyrna,
                  bitte beziehe die kritik die ich geäussert habe nicht auf dich. Ich bin ja froh wenn man wenigstens gefragt wird. Aber Wissenschaftler werden andauernd in diese Mörderecke gestellt und rechtfertigen hilft da leider nicht immer. Ich erkläre jedem gerne warum ich was mache und wozu es wichtig ist. Bei vielen (nicht bei dir!) hat man aber leider dann immer das Gefühl man redet gegen eine emotionale Wand. Natürlich habe ich Emotionen aber ich bin auch eine intensiver Sammler und dazu stehe ich. trotzdem rotten wir eben keine Arten aus. Der Anspruch ist immer mehr Licht ins Dunkle zu bringen und damit auch Arten zu helfen. Wir fördern Grundlagen auch die sich andere Wissenschaften stützen. Nicht zuletzt auch die Verhaltensforschung. Wilson sagt dazu sehr schön: Ein guter Genetiker braucht einen guten Taxonomen der ihm sagt mit welchen Tieren er arbeitet.". Und um sicher systematisch Arbeiten zu können muss man Tiere sammeln. Denn es ist zwar schön beispielsweise mit einem Feldführer durch Afrika zu reisen und die Tiere lebend zu bestimmen. Aber auf welche Art und Weise wurde das Wissen für einen Feldführer und die Bestimmungsmerkmale der Arten darin erstellt?

                  Philipp

                  Kommentar


                  • #24
                    Re: Herpetologie

                    sogar ich sehe das Einschnapsen, allerdings höchst ungern, ein.

                    Tarentola,
                    wäre aber nicht ein 3D-Scan, falls möglich, noch aussagekräftiger als ein Spiritusexemplar?
                    Und bequemer weltweit zu verschicken???

                    Kommentar


                    • #25
                      Re: Herpetologie

                      Ich habe mich auch nicht wirklich angegriffen gefühlt. Ausserdem wenn man selbst austeilt muß man auch einstecken können. Ich sehe die Notwendigkeit ja auch mittlerweile ein ( auch wenns schwer fällt):-).


                      @ braun also Hirn und Gefühlswelt gleichzeitig...jetzt verlangst du aber ein bißchen viel hehe...

                      Zyrna

                      Kommentar


                      • #26
                        Re: Re: Herpetologie

                        Hallo Alge (mal wieder :-) )

                        nun ja ein 3D Scan in Ehren aber erstens im feld kaum zu bewerkstelligen und zweitens würden wir dann vor einem Problem stehen, das mittlerweile die Ornithologen haben: Wollen sie Magenanalysen machen stossen sie auf Holzwolle, wollen sie Genetik ist das schwerer und wollen sie gar Innereien untersuchen wieder nur Holzwolle....

                        Kommentar


                        • #27
                          Re: Herpetologie

                          stimmt, die Magenuntersuchungen vergaß ich.......obwohl: Brechmittel +HandyCT ;o)

                          Kommentar


                          • #28
                            Re: Re: Herpetologie

                            Also wenn einem kleinen Lygodactylus Brechmittel eingegeben wird.....ich glaube dann braucht man auch keinen 3D Scan mehr. Aber zumdem wie gesagt im feld unrealistisch und zudem wer zahlt die Apparatur?

                            Kommentar


                            • #29
                              Re: Re: Re: Herpetologie

                              naja, Ausnahmen gibt es natürlich immer

                              tarentola schrieb:
                              zudem wer zahlt die Apparatur?
                              sach ich nich

                              schweifender gruß

                              Kommentar


                              • #30
                                Re: Re: Re: Re: Herpetologie

                                tarentola schrieb:
                                zudem wer zahlt die Apparatur?
                                sach ich nich

                                schade da wäre jede Geldquelle spannend

                                Kommentar

                                Lädt...
                                X