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Inzucht bei Mauereidechsen

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  • Inzucht bei Mauereidechsen

    Hallo!

    Seit etwa einem jahr beobachte ich eine allochtone Mauereidechsen-Population in Hannover, die in dem Lebensraum offenbar gut zurecht kommen und sich fleissig reproduzieren.

    Nun sieht es allerdings so aus, als ob alle Individuen von einem Elternpaar abstammen. Es handelt sich derzeit schätzungsweise um 8-10 Adulte Tiere, wahrscheinlich also schon die 2.-3. Generation.

    Ich stelle mir jetzt natürlich die Frage, wie anfällig wohl Reptilien, speziell Mauereidechsen gegenüber inzucht sind und ob die Population dadurch möglicherweise probleme kriegen wird (oder hat). Gibt es darüber Untersuchungen bzw. hat jemand da Erfahrung?

    Gruß Mathias

  • #2
    Wie kommst Du auf die Idee, dass alle nur von einem Paar abstammen?

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    • #3
      Naja, die Population lebt im botanischen Garten und nach dem, was ich in Erfahrung gebracht habe, sollen dort vor einigen Jahren in einem der 'mediteranen' Schauhäuser zwei Echsen ausgesetzt worden sein. Sie waren irgendwann nicht mehr da, weil sie scheinbar den Weg nach draussen gefunden haben und dort einen gut geigneten Lebensraum vorgefunden haben.
      Ob dem nun tatsächlich so ist, weiß ich aber nicht genau. Könnten theoretisdch natürlich auch 1-2 trächtige Weibchen gewesen sein.

      Anlass der Frage war die Beobachtung eines Weibchens, das scheinbar Erde an den vorderen Krallen hatte. Als ich mir die Fotos dann genauer angesehen habe, viel mir aber auf, dass das gleiche Weibchen die 'Erde' eine Woche später immer noch dran hatte und es wohl gar keine Erde war. Erkrankung, Verwachsung!?

      Mfg.

      Ich kann dazu gerne auch die Bilder mal reinstellen, wenn jemand mitliest, der dazu ein Urteil abgeben kann.

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      • #4
        Nach meiner Einschätzung dürfte Inzucht kein wirkliches Problem darstellen.
        Viele der allochtonen Mauereidechsenpopulationen sollen von sehr wenigen Tieren abstammen.
        Ich hatte vor kurzem die Gelegenheit mir die allochtone Mauereidechsen im Hafen Duisburg Ruhrort anzusehen. Die Population ist nach meiner Einschätzung inzwischen auf mehrere Hundert angewachsen.
        Degenerationserscheinungen konnte ich nicht erkennen.
        Ein Foto im Anhang!

        Weitere Bilder gibt es hier:
        http://www.salamanderseiten.de/natur...is_muralis.htm
        (dort ganz unten!)

        Grüße Paul
        Zuletzt geändert von Bachhausen; 05.03.2012, 06:35.
        Paul Bachhausen
        www.salamanderseiten.de mit Informationen zur heimischen Herpetofauna, zu den "Salamanderwanderungen" und zu den Gattungen Cynops, Hypselotriton, Laotriton, Paramesotriton, Tylototriton, Neurergus, Salamandra ....
        www.ag-urodela.de

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        • #5
          Das kann man so verallgemeinert nicht sagen. Ob Inzucht sich negativ auswirkt oder nicht, ist in hohem Masse von der ganz individuellen Allelausstattung der Gründertiere abhängig.
          Bei 500 paaren kann es zu keinen Problemen kommen und bei 200 anderen dann doch oder umgekehrt....
          Stichwort: Alleldrift

          Gruß

          Ingo
          Kober? Ach der mit den Viechern!




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          • #6
            Inzuchtdepression spielt auch bei Reptilien eine Rolle. Das Thema wurde bisher einfach wenig erforscht. Hier ein Beispiel (welches auch zeigt, dass Ja/Nein-Antworten zu simpel sind):

            Title: Optimal level of inbreeding in the common lizard
            Author(s): Richard M (Richard, M.)1, Losdat S (Losdat, S.)2, Lecomte J (Lecomte, J.)3, de Fraipont M (de Fraipont, M.)2, Clobert J (Clobert, J.)2
            Source: PROCEEDINGS OF THE ROYAL SOCIETY B-BIOLOGICAL SCIENCES Volume: 276 Issue: 1668 Pages: 2779-2786 Published: AUG 7 2009

            Abstract: Mate choice with regard to genetic similarity has been rarely considered as a dynamic process. We examined this possibility in breeding populations of the common lizard ( Lacerta vivipara) kept for several years in semi-natural conditions. We investigated whether they displayed a pattern of mate choice according to the genetic similarity and whether it was context-dependent. Mate choice depended on genetic similarity with the partner and also on age and condition. There was no systematic avoidance of inbreeding. Females of intermediate ages, more monogamous, did not mate with genetically similar partners, whereas younger and older females, more polyandrous, did but highest clutch proportions were associated with intermediate values of pair-relatedness. These results indicate dynamic mate choice, suggesting that individuals of different phenotypes select their partners in different ways according to their genetic similarity. We consider our results in the light of diverse and apparently contradictory theories concerning genetic compatibility, and particularly, optimal inbreeding and inclusive fitness.

            Grüsse, Benedikt

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            • #7
              Zumindest aus dem Abstract kann ich keinen Hinweis auf Inzuchtdegenerationen erkennen - im Gegenteil:
              "There was no systematic avoidance of inbreeding."
              Wie diese "semi-natural conditions" aussahen wäre sicher interessant - z.B. mit Feinddruck?
              Aber um hierzu Antworten zu finden, müsste mensch den gesamten Artikel bearbeiten.

              Allerdings bezog sich meine Aussage ausschließlich auf allochtone Mauereidechsen!
              Derzeit sind bereits 27 solcher Populationen in NRW bekannt - teilweise seit Jahrzehnten. Auch in autochthonen Population dürfte die Ausbreitung an der Verbreitungsgrenzen häufig auf eine kleine Gründerpopulation zurück gehen.
              Von Inzuchtdegenerationen ist m.W. bisher nichts bekannt geworden. Zumindest sind diese dann sicherlich geringer als Probleme durch Lebensraumverschlechterungen.

              Grüße Paul
              Paul Bachhausen
              www.salamanderseiten.de mit Informationen zur heimischen Herpetofauna, zu den "Salamanderwanderungen" und zu den Gattungen Cynops, Hypselotriton, Laotriton, Paramesotriton, Tylototriton, Neurergus, Salamandra ....
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              • #8
                Was Du vergisst ist, dass Du dabei nur die Populationen siehst, die es geschafft haben.
                Die Gründer, deren genetische Ausstattung zu Inzuchtproblemen führte konnten eben keine sichtbar werdenden Populationen aufbauen.
                Bei einer so weit verbreiteten Art, die in so großen Populationen vorkommt, steht eine gewisse Vielfalt an Allelen, die man lieber nicht homozygot haben will, zu erwarten.
                Daher steht und fällt viel mit der -zwangsweise zufälligen- Auswahl der Gründertiere (alleldrift, erneut)
                Die Chancen, dass so etwas genetisch gutgeht sind denke ich zwar deutlich höher als anders herum, aber liegen bei weitem nicht bei 100%

                gruß

                Ingo
                Kober? Ach der mit den Viechern!




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                • #9
                  Hallo Ingo!
                  Zitat von Ingo Beitrag anzeigen
                  ...Die Chancen, dass so etwas genetisch gutgeht sind denke ich zwar deutlich höher als anders herum, aber liegen bei weitem nicht bei 100%...
                  So sehe ich das auch - würde ich von 100% ausgehen, ständ als Einleitung für meinen ersten Beitrag: "Inzucht ist kein Problem"

                  Grüße Paul
                  Paul Bachhausen
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                  • #10
                    Zitat von Bachhausen Beitrag anzeigen
                    "There was no systematic avoidance of inbreeding."
                    In Bezug auf die Partnerwahl! Der Verwandtschaftsgrad spielte bei der Wahl des Partners keine Rolle. Inzuchtdepression, also beispielsweise verringerte Lebensfähigkeit der Nachkommen, ist trotzdem möglich (war aber nicht Gegenstand der Untersuchung).

                    Habe noch weiter gesucht:

                    Title: Malformed offspring, sibling matings, and selection against inbreeding in the sand lizard (Lacerta agilis)
                    Author(s): Olsson M, Gullberg A, Tegelstrom H
                    Source: JOURNAL OF EVOLUTIONARY BIOLOGY Volume: 9 Issue: 2 Pages: 229-242 Published: MAR 1996

                    Abstract: We demonstrated that sand lizards (Lacerta agilis) are more likely to have malformed offspring when they mate with siblings. Offspring with malformations, such as deformed limbs and heads, have zero survival in a natural population. Normal-looking siblings of malformed hatchlings also had a reduced survival in the wild, compared to offspring from clutches in which all siblings appeared normal. The proportion of malformed hatchlings in the natural population was ca. 10%, in spite of differences in juvenile dispersal between males and females. Male juveniles disperse significantly further from their natal sites than do female juveniles.

                    10% der Jungtiere waren deformiert - ich weiss nicht, ob die Aussage

                    Zitat von Bachhausen Beitrag anzeigen
                    Zumindest sind diese dann sicherlich geringer als Probleme durch Lebensraumverschlechterungen.
                    haltbar ist.

                    Gruss, Benedikt

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                    • #11
                      Zitat von mako Beitrag anzeigen
                      ...Ich kann dazu gerne auch die Bilder mal reinstellen, wenn jemand mitliest, der dazu ein Urteil abgeben kann.
                      Ja,mach mal!

                      Paul
                      Paul Bachhausen
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                      • #12
                        Hallo Benedikt!
                        Zitat von Benedikt Beitrag anzeigen
                        10% der Jungtiere waren deformiert - ich weiss nicht, ob die Aussage haltbar ist.
                        Ich bleibe bei meiner ursprünglichen Aussage, weil:

                        1. Schlüsse von Zaun- auf Mauereidechse problematisch
                        2. 10% - bei entsprechender Auslese durch Feinddruck - nicht erheblich ist!

                        Stimme aber zu, dass es für den Erfolg keine Garantie gibt!
                        Inzucht kann m.E. besonders dann ein Problem sein, wenn sich die Bedingungen für die Tiere verschlechtern und dann eine ausreichend breite genetische Basis fehlt um dies aufzufangen.

                        Grüße Paul
                        Paul Bachhausen
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                        • #13
                          Ich denke es sind etliche Mauereidechsen-Populationen in Europa bekannt, die zweifelsohne auf einige ganz wenige Ursprungstiere zurück gehen und sich
                          dennoch ganz prächtig entwickelt haben und sich gut halten - ich denke da
                          etwa an die "grünrückigen Mauereidechsen" in der Umgebung von Dresden ...

                          Kommentar


                          • #14
                            Hallo,

                            zunächst einmal freut es mich, daß zu dem Thema nun doch noch so viele Beiträge dazugekommen sind. Ich hatte wenig Zeit in den letzten Wochen und habe deshalb länger nicht im Forum vorbeigeschaut.

                            Die Fotos werde ich gerne raussuchen und (hoffentlich) am WE zur verfügung stellen können..

                            Bei meinem letzten Besuch vor ca. 10Tagen habe ich mindestens 8 'Baby's' und 5-6 Halbwüchsige gesehen, die alle einen munteren und (zumindest Oberflächlich betrachtet) gesunden Eindruck machten.

                            Gruß Mathias

                            PS: Mein Verdacht: Es ist vielleicht wie in Jurassic Park "das Leben findet einen Weg" - Zumindest zu 90%

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                            • #15
                              Hallo nochmal,

                              hier nun die Beispiel-Bilder zu dem Thema: http://www.mathiaskothe.com/reptilien/bsp_deform.html

                              Bei der gestrigen Sichtung der Fotos sind mir noch bei mehreren Individuen Veränderungen an den Krallen aufgefallen, vorallem daß teilweise Fehlen bzw. eine Verstümmelung selbiger. Gesehen hatte ich das schon bei anderen Mauereidechsen (Burg Hardenberg, im Bericht auf Abb.12 zu erkennen, s. unten), dachte aber dabei bisher an Fressfeinde, die den Tieren zugesetzt hatten. In Hannover betrifft das, grob geschätzt etwa 40-50% der Adulten. Keinerlei derartigen Sympthome habe ich bei den Jungtieren festgestellt!

                              Zwei Berichte (Berggarten und Burg Hardenberg) über die Populationen gibt es hier: http://www.mathiaskothe.com/reptilien

                              Bin gespannt auf Eure Einschätzung!

                              Gruß Mathias

                              Kommentar

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