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Hemidactylus turcicus in Ungarn

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  • Hemidactylus turcicus in Ungarn

    Hallo DGHT-Community,

    ich habe mich gerade neu im Forum angemeldet. Ich bin zwar kein Terrarianer noch sonst besonders mit der Herpetologie beschäftigt, aber doch Biologe mit früher stark freilandökologischem Arbeitsschwerpunkt und naturkundlich sehr interessiert. Leider bin ich heute nicht mehr beruflich als Biologe tätig, aber das muss ja nicht unbedingt ein Hinderungsgrund sein, wann immer es passt die Nase in die Natur zu halten .

    Ich habe gleich eine konkrete Frage an die Kenner hier im Forum. Es geht um eine Beobachtung, die ich im letztem Jahr zu Pfingsten, genauer am 15.06.2011, im ungarischen Hortobágy-Nationalpark gemacht habe. Bei einer Wanderung durch die zentrale Puszta bin ich auf ein Reptil gestoßen, das unmittelbar vor meinen Füßen in der grasig-krautigen Vegetation von mir aufgescheucht wurde und zunächst eine kurze Strecke flüchtete, sich dann aber halb verdeckt von einem Grasbüschel sicher genug fühlte, um dort stehen zu bleiben und zu mir heraufzuschauen. So etwa 15 Sekunden lang ging das so. In dieser Zeit habe ich mir das Tier zunächst möglichst genau angesehen und dann aber versucht, meine Kamera in Stellung zu bringen. Das war für das Tier doch zuviel und es hat sich in die dichte Vegetation geflüchtet, wo ich es leider nicht wieder aufstöbern konnte.

    Was ich bis dahin aber von dem Tier gesehen hatte, war für meine Kenntnisse über die ungarische Herpetofauna schon reichlich erstaunlich. Der etwa 15 cm lange Körper hatte eine helle Grundfärbung mit dunklen Punkten auf dem leicht warzig erscheinenden Rücken, der Kopf war deutlich abgesetzt. All diese Merkmale hatten gar keine Ähnlichkeit mit den bekannten Eidechsenarten, die in der Region zu erwarten gewesen wären. Was dann erst recht auffiel, war die flatternde Hinterleibsbewegung, mit der das Tier letztlich davonlief und das eigentlich noch nicht einmal sehr schnell, nur eben recht aufwendig in der Bewegung. Das hatte ich bis dahin noch nicht gekannt.

    Meine Bemühungen, anhand mir zugänglicher Bestimmungsliteratur und diverser ungarischer Faunenlisten herauszubekommen, was ich da gesehen hatte, schlugen absolut fehl, wohl auch deshalb, weil ich immer nur das kontrollierte, was für Ungarn an Reptilien bekannt war. Auch eine entsprechende telefonische Anfrage beim Nationalparkamt brachte mich da nicht weiter. Deshalb hatte ich mich schon damit abgefunden, dass meine Beobachtung wohl nicht aufklärbar sein würde.

    Erst gestern bin ich nun aber im Internet in einer herpetologischen Fotosammlung bei Picasa zufällig auf ein Foto von einem Europäischen Halbfinger (Hemidactylus turcicus) gestoßen. In meinen Augen zeigt das Foto exakt die Art, die ich im letzten Jahr in Ungarn gesehen hatte. Da gibt es für mich gar keinen Zweifel. Das Problem ist nur, dass Hemidactylus turcicus für Ungarn - soweit ich das bislang recherchieren konnte - noch gar nicht beschrieben wurde. Die nächsten Vorkommen in Kroatien dürften etwa 500 km entfernt liegen. Auch hat mich etwas irritiert, dass der Fundort zwar nicht weit von einem Gehöft entfernt lag, ca. 300m, aber ein steiniges oder gar felsiges Habitat war das gar nicht, eher eine Mischung aus Ruderalfläche und Steppe, also nicht das was ich für einen typischen Gecko-Lebensraum halten würde. Aber ich bin eben auch keine Kenner der Materie. Leider habe ich kein Foto vom Fundort gemacht, welches das Habitat zeigt.

    Jetzt frage ich also Euch: gibt es schon vergleichbare Beobachtungen dieser Art in Ungarn? Wie breit ist ihre ökologische Toleranz hinsichtlich des Lebensraums? Ist eine selbstständige Ausbreitung der Art bis hier hin vorstellbar? Oder muss man davon ausgehen, dass jemand Geckos in der Puszta aussetzt bzw. diese sogar heimlich dort ansiedeln will (was beides natürlich ein gewaltiger Unsinn wäre)? Im Übrigen ist der Fundort (N 47° 34' 25.98", E 20° 56' 15.18", s. bei Google Maps) einigermaßen weit entfernt von größeren Straßen gewesen und nur zu Fuß zu erreichen.
    Wie ist Eure Meinung dazu?
    Für eine fachkundige Einschätzung dieser Beobachtung wäre ich sehr dankbar.

    Freundliche Grüße
    Jochen Schwarz
    Zuletzt geändert von Jochen Schwarz; 14.03.2012, 04:11.

  • #2
    Hallo Jochen,

    über ein Vorkommen von Hemidactylus turcicus in Ungarn ist mir nichts bekannt (was natürlich nicht heissen soll, dass es generell nicht bekannt sein kann ). Es gibt einen Bericht über zwei eingeschleppte Populationen von Mediodactylus kotschyi, welche wohl aus Terrarienhaltung ausgebrochen sind (s.u.). In wie weit sich diese Populationen wirklich gehalten haben, entzieht sich meiner Kenntnis. Die Population in Budapest wäre auch noch 150-200km von Deinem Fundort entfernt.

    Ich kann mir schon vorstellen, dass Hemidactylus turcicus in der von Dir genannten Gegend überleben könnte, wobei fraglich bleibt, wie er dort hingekommen ist.

    Sicher werden sich noch Leute melden, die über mehr Erfahrung vor Ort verfügen als ich. Ohne Foto oder gesammeltem Exemplar bleibt es aber vermutlich ein Stochern im Nebel.

    Gruß
    Christian

    Farkas, Ujvari & Koszegi (1999): Geographic distribution: Cyrtopodion kotschyi. - Herpetological Review 30 (3): 173.
    Zuletzt geändert von Christian Schneider; 14.03.2012, 07:47.
    Immer interessiert an Reptilien des südlichen Afrikas und entsprechender Literatur.

    http://www.gekkotaxa.org
    http://www.pachydactylus.com

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    • #3
      Hallo Jochen,

      deine Beobachtungsgabe in allen Ehren, aber ohne Fotobeleg und bei bloßer Erinnerung wurde schon aus mancher Eidechse ein Krokodil...
      Das Verhalten, das du beschreibst ist schon sehr typisch für eine Eidechse und wäre ebenso untypisch für einen eher nachtaktiv und versteckt lebenden Gecko, der im Normalfall eher vertikale Flächen bevorzugt. Außerdem schreibst du, dass das Tier eine Körperlänge von 15 cm hatte, H. turcicus besitzt jedoch gerade einmal eine Gesamtlänge dieses Wertes (und vielleicht 8 cm KL).
      In den Steppen der Puszta ist Lacerta agilis sicherlich eine der häufigsten Echsen.

      Viele Grüße Thomas
      www.terragraphie.de

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      • #4
        Ich glaube das auch eher nicht. H. turcicus ist doch wirklich sehr an Küstennähe zum Mittelmeer gebunden. So zieht sich seine Verbleitung doch wie eine Küstenlinie schmal am europäischen Mittelmeer entlang.Wirklich lange Fröste steht er demnach sicher nicht durch.
        Nich nur die Größe passt kaum auch das Laufen im Gras wäre völlig untypisch.

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        • #5
          Tendenziell würde ich ja bei H. turcicus nie etwas ausschließen aber die ganze Beschreibung klingt eher nach einer Eidechse. Kann es eventuell Podarcis taurica gewesen sein?

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          • #6
            Hemidactylus turcicus in Ungarn

            Hallo liebe Forumsteilnehmer,
            besten Dank für Eure Meinung. Ich hatte mir schon gedacht, dass man mir im Forum nahelegen würde, doch lieber an eine der Lacerta-Arten zu denken, aber das ist mir - bei der Erinnerung an eine Beobachtung aus ca. 50 cm Entfernung - schlicht nicht möglich. Dafür habe ich hier in Deutschland schon zu viele Zauneidechsen gesehen.
            Bezüglich der KL des Tieres habe ich mich in der Tat falsch ausgedrückt. Ich meinte die Gesamtlänge (15cm), also nicht die KRL. Sorry für die Begriffsverwechslung.
            Aber dass das Habitat nicht wirklich typisch ist, ist mir ja auch klar. Aber was soll man machen? So ist nun mal die Beobachtung gewesen.
            Viele Grüße
            Jochen

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            • #7
              Lieber Jochen,

              dort unten gibt es auch weit mehr als nur die Zauneidechse....
              Und wenn diese aufgrund des Gesamteindrucks auszuschließen ist, dann muss man H. turcicus wegen der Fundumstände ausschließen.

              Philipp

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              • #8
                Die europäischen Geckos sind absolut Abend- bis Nachtaktiv - wenn Du tagsüber in der Puszta gewandert hast, kann kaum ein gecko weggerannt sein. Könnte es nicht evtl. eine Johannisechse (Ablepharus kitaibeli) gewesen sein - dieser kleine Skink der bis Ungarn vorkommt?

                http://de.wikipedia.org/wiki/Johannisechse

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                • #9
                  Hemidactylus turcicus in Ungarn

                  Ich weiß, es klingt in Euren Ohren sicher verbohrt, aber keine Lacerta-Art hat einen solch abgesetzen Kopf und eine solche helle Grundfärbung mit dunklen Punkten drauf. Und erst recht nicht die Johannisechse. Die wäre dort an dem Standort im übrigen auch nicht richtig aufgehoben. Die Johannisechse lebt meines Wissens in Karstgegenden, z.B. der nördöstlichen Mittelgebirge Ungarns, etwa im Aggtelek-Nationalpark, oder im weiter westlich gelegenen Pilis-Gebirge in der Nähe von Budapest.
                  Also, es tut mir Leid, das Bild des Tieres habe ich noch immer sehr deutlich vor Augen, insofern möchte ich eigentlich nicht von meiner Vermutung abrücken, dort einen Europ. Halbfinger gesehen zu haben. Aber mehr habe ich tatsächlich nicht und daher können wir das damit auch als mysteriöse und ungeklärte Beobachtung ad acta legen. Ich werde aber wohl in den Osterferien dort wieder für ein paar Tage hinfahren und dann werde ich auch sicher noch einmal an der Stelle nachsuchen. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.
                  Freundliche Grüße ans Forum
                  Jochen

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                  • #10
                    Zitat von Jochen Schwarz Beitrag anzeigen
                    .... hat einen solch abgesetzen Kopf und eine solche helle Grundfärbung mit dunklen Punkten drauf.
                    Und erst recht nicht die Johannisechse.

                    dachte ich auch als ich den Vorschlag las
                    Aber wenn Herr Hofer etwas über kleine Skinke schreibt liegt er eigentlich fast immer
                    weit daneben

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                    • #11
                      HI also ich kann mir durchaus vorstellen das du einen H. turcicus gesehen hast. Ich hatte letzets Jahr im Sommer auf einem Waldstück mit Felsen in der nähe vom Plattensee ebenfalls eine begegnung mit nem europ. Halbfinger bei Sonnenuntergang. Wobei das in der nähe einer Siedlung auf einem Militärgelende war.

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