Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.

Historische Vorkommen und Namen

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

  • Historische Vorkommen und Namen

    zunächst einmal - falls ich im falsch Strang sein sollte, bitte ich um Entschuldigung. Ich habe keinen besseren gefunden.
    Mit geht es um die Erkundung historischer Vorkommunen und alter (lokaler Namen) und Synonyme insbesondere der europ. Sumpfschildkröte in Deutschland.
    Sie wird auch als
    "Europäi
    sche Teich-, Pfuhl-, Fluss-, Schlamm- oder Wasserschildkröte"
    bezeichnet. Darüber hinaus gab oder gibt es volkstümliche Bezeichnungen.

    Emys orbicularis wurde bekanntlich früher in großen Mengen als Fastenspeise gefangen und verzehrt. Daher dürfte es in Archiven mit alten Klosterarchivalien, Kochbüchern aus Klöstern u.a. lokalen Überlieferungen möglicherweise Hinweise auf historische Vorkommen geben. Aus den wenigen, weit verzweigten Reliktvorkommen z.B. im südlichen Baden-Württemberg wäre jedenfalls zu schließen, dass es früher eine weitere Verbreitung gegeben hat (wie wären sonst so vereinzelte Reliktvorkommen erklärbar) - und diese Vorkommen sowohl durch menschliche Eingriffe (Fastenspeise) wie auch durch den Klimawandel (kleine Eiszeit) reduziert wurden.

    Ziel ist es, eine möglichst vollständige Auflistung der historischen Vorkommen zu erhalten. Das wird sicher nicht einfach.

    Ein Beispiel:
    um 1640 machte der "Klosterschaffner" (Verwalter) zu einem kleine Weiher folgende Notiz:
    "Wir haben allweg einen Fischer bei dem See. Wir geben ihm ... für das Pfund Hechte, Karpfen und Schleie, auch für die Waller fünf Kreuzer. Für die Backfisch und Dinger für das Pfund zwei Kreuzer."
    Die meisten Bezeichnungen sind klar - was aber sind "Dinger"? Sumpfschildkröten oder Krebse?
    Mit entsprechenden Hinweisen und Bezeichnungen lokaler Synonyme könnte sich diese Frage lösen lassen.

    Erich S.

    edit:
    mir geht's hier vor allem um Emys orbicularis - weniger um andere Reptilien oder Amphibien
    Zuletzt geändert von Erich.S; 23.08.2014, 10:45. Grund: Konkretisierung der Bitte

  • #2
    Hallo Erich,

    anspruchsvolles Projekt, dem Du Dich da angenommen hast.

    Leider kann ich kaum etwas dazu beitragen, aber vielleicht findest Du Informationen dazu, oder zumindest mögliche Kontakte über die Arbeitsgemeinschaft des "Sektretär", einer Zeitschrift zur Literatur und Geschichte der Herpetologie und Terrarienkunde.

    Ansonsten heisst wohl, Klinkenputzen bei den Verwaltungen von Schlössern und Burgen, kleinen Heimatmuseen und ähnlichem. Hier in der Nähe in Reinheim gibt's ein Reliktvorkommen und ich würde annehmen, dass die Tiere früher flächendeckend im vorderen Odenwald und dem hessischen Ried bis zum Rhein verbreitet waren. In meiner Heimatstadt Lorsch gibt's ein recht altes und berühmtes Kloster bei dessen Verwalter Herrn Schefers sich vielleicht die von Dir gesuchtes Infos erfragen lassen.

    Gruß
    Dennis
    Obwohl ich die mächtige Suchfunktion benutzt, meinen nächstgelegenen reptilienkundigen Tierarzt aufgesucht, die veterinärmedizinische Datenbank durchsucht, mein Tier den gesetzlichen Mindestanforderungen zur Reptilienhaltung gemäß untergebracht... und den Nachbarn des Schwippschwagers meiner Großtante befragt habe, ist meine Frage immer noch unbeantwortet!

    Kommentar


    • #3
      Prof. Uwe Fritz hat die historischen Vorkommen in seinem dicken Werk auch sehr genau untersucht, seine Erkenntnisse sind das Resultat langjähriger Forschung und Recherchierarbeit. Wer was mit Sumpfschildkröten macht kommt an ihm nicht vorbei.
      deshalb unbedingt sein Werk:

      Uwe Fritz: Die Europäische Sumpfschildkröte. Laurenti Verlag, Bielefeld, 2003, ISBN 3-933066-14-X

      anschaffen und darauf aufbauen. Es bringt uns jedoch wenig, die historischen, früheren Standorte zu kennen - die Landschaft hat sich derart verändert dass man damit kaum Stellen für Neuansiedlung findet.

      Kommentar


      • #4
        erst mal Danke für die Antworten; wobei ich möglich Erwartungen gleich dämpfen will:
        es geht nicht um irgendwelche Wiederansiedlungsprojekte, sondern erst einmal nur um eine Erfassung historischer Vorkommen.
        Das alleine ist schon Aufwändig genug. Ob eine solche Verbreitungskarte darüber hinaus praktische Bedeutung gewinnen kann, muss durchaus hinterfragt werden.
        Aus einer solchen "historischen Verbreitung" kann wohl allenfalls geschaut werden, ob neuere Funde als "Reliktvorkommen" in Betracht kommen, ohne dass schon DNA-Analysen gemacht werden müssen.

        Kommentar


        • #5
          nur zur Dokumentation; inzwischen habe ich eine E-Mail erhalten mit folgendem Inhalt:
          bei Biberach gibt es ein Kloster in dem in der Fastenzeit auch "Pfullkroten"gegessen wurden.
          ich bin der Ansicht ,früher war die Sumpfschildkröte auch im Südbayern weit verbreite.Am Bodensee verkauften früher Fischer ebenfalls an Klöster am Bodensee gefangene Emys
          .

          Kommentar


          • #6
            allerdings wird die Pfuhlkröte auch als Bezeichnung für einen Frosch oder eine Unke geführt (Zoologische Beiträge zur XIII. Ausgabe des Lenneischen Natursystems, Leipzig 1798 unter Bezug auf Krünitz, Encyklop. LIV.p.0ß. "die Pfulkröte, der Töfer, die Wasser-Unke") , ebenso in "Allgemeines Magazin der Natur, Kunst und Wissenschaften, Band 12. Leipzig, 1767" "die Kröten in zweyerley Gattungen getheilet haben, in taube, und in solche, die nicht taub sind. Die tauben werden vor vergiftet gehalten. Den Frosch, oder die nicht taube, nennen sie die Wasser- oder Pfulkröte."

            Kommentar


            • #7
              Hallo Erich,
              Zitat von Erich.S Beitrag anzeigen
              ... alter (lokaler Namen) und Synonyme ...
              Dann such' zum Beispiel auch mit dem Begriff "Schorpe" weiter. Zugegeben, mir dreht der Begriff immer noch "den Magen auf links", weil ich ab und zu an diesen grauslichen Thread hier denken muss: http://www.dghtserver.de/foren/archi...p/t-73053.html - aber da kann das Wort ja nix dafür, das war ein Problem zwischen den Ohren des Halters.

              Viel Erfolg bei der Suche, und viele Grüße
              Beate

              P.S.: Diese Seite kennst Du: http://swissemys.ch/04/seite_04.html ? Falls nicht: Nimm ruhig Kontakt auf, das sind wirklich super-nette Leute!
              Früher unter "Beate" hier in den Foren aktiv. Halte und züchte verschiedene Schildkröten und bin seit Gründung Mitglied der AG Schildkröten. Lieblings- Spitzname "Bücherwurm".

              Kommentar


              • #8
                @Beate:
                Danke für die Infos. Die Beiträge zur "Schorpe" hab ich nachgelesen. Der Autor scheint mir insgesamt nicht besonders - hmmm - vertrauenswürdig (?) zu sein. Aber ich versuch das trotzdem zu eruieren.
                @Daniel:
                Das Buch von Uwe Fritz: "Die Europäische Sumpfschildkröte" ist unter der angegebenen ISBN-Nummer ausverkauft, aber es gibt eine Neuauflage, die ich morgen erhalte.

                Kommentar


                • #9
                  Ergänzend:
                  Schorpe gegoogelt
                  http://woerterbuchnetz.de/DWB/?lemid=GS16702
                  schorpe, scorpion, nur in der ältern sprache, ahd. scorpio, scorpo Graff 6, 541; mhd. scorpiôn, schorpiôn, scorp(e), schorp(e), auch schorn, scherpe (schurpe?), scorpion, schildkröte; dazu die composita und ableitungen schorpelîn kleine schildkröte, schorpenangel stachel des scorpions, schorpenvleisch, schorpenzagel
                  ...
                  http://www.onomastik.com/schorpp.php
                  Schorpp ist ein Übername zu mittelhochdeutsch schorpe = Skorpion, Schildkröte.
                  lt.Duden
                  und in einem mittelhochdeutschen Gedicht des 13. Jhdt.:
                  http://www.fabelnundanderes.at/bruder_wernher.htm
                  1.
                  Ez wolte ein affe über einen se, do kunder
                  wol geswimmen nicht,
                  er bat eine schorpen, daz si in vuorte, als die
                  abentiure gicht.
                  ez satz in of die bulen sin unde vuort in verre
                  in den tîch.
                  ...
                  2.
                  Daz schorpe vloz dem lande ein teil zuo nahe,
                  der affe spranc unz an daz lant, dar umme quam
                  die schorpe in pin. ...
                  übersetzt:
                  1.
                  Es wollte einmal ein Affe über einen See,
                  aber weil er nicht schwimmen konnte,
                  bat er eine Schildkröte, dass sie ihn hinüberbringe -
                  so lautet die Geschichte:
                  Sie setzte ihn auf ihren Buckel und führte ihn
                  mitten in den Teich hinein.
                  ...
                  2.
                  Die Schildkröte kam währenddessen dem Land
                  etwas zu nahe, und der Affe sprang hinüber zum
                  Ufer: davon kam die Schildkröte in Not.
                  ...
                  interessant auch in plural "schorpelin" = "Schildkröten"
                  Also - wer ein Lokal "bei Schorpe" sieht, könnte an einem alten Schildkrötengewässer stehen

                  Kommentar


                  • #10
                    Nur eine Anmerkung zu der empfohlenen Leuten von "Swissemys": Es gibt eine Lobby von Schildkröten-Freunden die unbedingt Sumpfschildkröten in der Schweiz wieder ansiedeln wollen. Es gibt aber keinen wissenschaftl. haltbaren Beweis, dass dieses Tier in geschichtlicher Zeit autochthon bei uns vorkam. Alle Vorkommen gehen auf eingeführte Tiere zurück, was genetische Untersuchungen an den wenigen Stellen wo man welche fand klar belegen - die vorhandenen Tiere hatten die unterschiedlichsten Herkünfte - aber kaum der zu erwartende E. orbicularis orbicularis-Typ. Die Emys sind wahrscheinl. vor mehr 6000 Jahren hier ausgestorben (mit anderen prähistorischen Tieren) - als eine längere Kaltperiode über Mitteleuropa herrschte. Im weiteren waren Sie ein einfach zu tranportierendes Handelsgut dass sich in einfachsten Säcken tagelang zum Handel herumtragen liess - die Handelswege über den Jura von der Französischen Ajoie (wos heute noch Emys gibt) bis zum Neunenburgersee waren schon im frühen Mittelalter gut ausgebaut - da verwundert es nicht dass dass die Schildkröten früh an den Neuenburgersee gelangten. Amphibienfreunde freuen sich gar nicht an den geplanten Aussetzungen, bei uns sind zahlreiche Amphibienarten am Aussterben - wir brauchen keine neuen Prädatoren für diese.

                    Kommentar


                    • #11
                      Hallo Daniel,

                      in die Schweizer Debatten kann ich mich nicht einmischen, nur kurz zur Ergänzung:
                      Auf dieser Seite http://www.zoodirektoren.de/index.ph...pfschildkroete wird berichtet, dass es durchaus entsprechende Ansiedlungsprojekte aus Zoologischen Gärten gibt:
                      Die Wiederansiedlung der Europäischen Sumpfschildkröte in der Schweiz

                      zooschweiz



                      ...

                      Kommentar


                      • #12
                        Ja, eben, Erich - diese Ansiedelungsprojekte die auch "Zoo Schweiz" anpreist, sind das Resultat der Bemühungen dieser "Schildkröten-Lobby"

                        Kommentar

                        Lädt...
                        X