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Definition einer Art

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  • Definition einer Art

    Hallo,

    da sich ja hier die kompetentesten Leute im Bereich der Zoologie aufhalten.
    Habe ich folgende Frage:

    Wie definiert sich eine eigene sp. ?

    Ich habe gehört/gelesen, dass es Auslegungssache ist & es keine klare Regel gibt. Morphologische Unterschiede, genetische Kluft zur anderen sp. & Fortpflanzungsfähigkeit untereinander(wikipedia)spielen eine Rolle.
    Finde es recht verwirrend! Wie weit muss die genetische Kluft sein?
    Wo hört die eine Art auf bzw. fängt die Andere an? Wie weit muss eine morphologische Veränderung gehn damit es sich um eine ssp. bzw. eigene Art handelt, oder es sich nur dabei um eine Polymorphe handelt? Er gibt verschiedene Arten die lassen sich miteinander verpaaren(in wie weit man das dann weiter treiben kann ist natürlich fraglich & dann ist das auch erklärt damit) & ssp. die synonymisiert worden sind mit dem nominotypischen Taxon, die sich nicht verpaaren lassen.

    Kann bitte jemand KOMPETENTES bitte meinen Horizont erweitern!?

    Danke
    Luca

  • #2
    Eine schöne Frage zu der Du auch hier keine absolute Antwort erhalten wirst außer jener, die Du schon selbst mitlieferst: Es gibt keine klare Regel! Zur Anerkennung einer Art ist letztlich entscheidend, ob die Mehrheit (bzw. der sich "hörbar" äußernde Anteil) wissenschaftlicher Kollegen die gleichen Ansichten über jene "Art" teilt und die Kriterien zur Abgrenzung akzeptiert.

    Der wikipedia-Artikel "Art (Biologie)" ist dabei durchaus lesenswert und, nach meinem Kenntnisstand, auch recht aktuell. "[...]der so etablierte Artbegriff (wurde) bis in die Gegenwart beibehalten, um den Preis, dass keine der heute gängigen Definitionen, für sich alleine betrachtet, sämtliche bekannten Arten taxonomisch zweifelsfrei abgrenzen kann."

    Historisch wurde die Morphologie stets als Maßstab zur Bestimmung von Arten angewandt, als anatomische Merkmale verglichen. Eine exakte Trennung, ab wann ein Merkmal aber von einem anderen abwich, gab es auch damals nicht. Braunbär und Eisbär sind ganz offenbar unterschiedlich, das ist auch für den Laien erkennbar ohne etwa Bärenschädel vermessen zu müssen. Aber die Natur macht es uns nicht immer so einfach. Denn eine klassische aber teils immer noch aktuelle Regel besagt, dass sich Arten nicht untereinander kreuzen lassen. Nun gibt es allerdings zahlreiche etablierte Arten die sich zwar in der Natur nicht kreuzen (aufgrund von Verbreitung, Verhalten oder anderem), sich aber versuchsweise durchaus kreuzen lassen und in einigen Fällen sogar fruchtbare Nachkommen zeugen. Desweiteren gibt es ebenso anerkannte Arten, die auch in der Natur fröhlich fruchtbare Hybriden bilden (besonders Pflanzen) und dennoch jeweils ihren Artstatus behalten. Die Kreuzungsregel it also nur bedingt anwendbar. Ebensolches gilt aber auch für die beurteilung anatomischer Merkmale, denn die Variationsbreite von Lebewesen ist unter Umständen enorm. Sie muss geschlechtliche Merkmale berücksichtigen, Adaptionen an die jeweilige Umwelt, individuelle Unterschiede etc.. Nicht wenige Male wurden Tiere wie Pflanzen als unterschiedliche Spezies behandelt, bis auf einmal festgestellt wurde, dass es sich lediglich um eine Entwicklungsform, ein Jungtier, ein Männchen oder Weibchen etc. handelt.

    Zusätzlich erschwert wird das problem dadurch, welches anatomische Merkmal nun bedeutender ist... der Unterschied im Bau der Geschlechtsteile, die Maße bestimmter Schädelknochen, die Anzahl von Schuppen oder deren Form, oder gar schlicht und offensichtlich die Färbung?!

    Auch genetische Unterschiede erleichtern die Einteilung nicht immer und würden uns und insbesondere die zoologisch und botanisch weniger Versierten mehr verwirren als eine alltagstaugliche Einteilung zu liefern. So sind Krokodile und Vögel genetisch sehr viel näher verwandt als Krokodile und Echsen. Aber würde es wirklich Sinn machen, die Klasse der Reptilien und Vögel neu zu definieren, sie unter Umständen zu einer Klasse zusammenzuwürfeln oder die Krokodile zu den Vögeln dazuzugesellen? Welcher Ottonormalbürger, der häufig noch Salamander für Eidechsen oder Wale für Fische hält, würde da denn noch folgen können?

    Lange Rede kurzer Sinn.... eine Art ist, was als Art anerkannt wird. Die Kriterien sind mehr oder weniger frei wählbar.

    Da mir momentan die entsprechende Literatur fehlt möchte ich noch ein schönes Zitat von dem berühmten Evolutionsbiologen Ernst Mayr aus dem besagten wikipedia-Artikel anbringen:

    „Bakterien haben keine Arten. Netzeitung: Was dann? Mayr: Das überlasse ich den Mikrobiologen. Das verstehen die ja selber noch nicht. Archaebakterien zum Beispiel tauschen Gene mit Bakterien aus, Bakterien und Archaebakterien jeweils untereinander sowieso. Muss man also alle Bakterien als große Fortpflanzungsgemeinschaft, also als eine Art bezeichnen? Bakterien haben keine Arten. Die ersten Arten, die es gibt, sind schon Eukaryonten. Warum man einen Zellkern braucht, um eine Art sein zu können, weiß ich auch nicht.“

    Gruß
    Dennis
    Zuletzt geändert von Sven Zeeb; 23.08.2010, 20:04.
    Obwohl ich die mächtige Suchfunktion benutzt, meinen nächstgelegenen reptilienkundigen Tierarzt aufgesucht, die veterinärmedizinische Datenbank durchsucht, mein Tier den gesetzlichen Mindestanforderungen zur Reptilienhaltung gemäß untergebracht... und den Nachbarn des Schwippschwagers meiner Großtante befragt habe, ist meine Frage immer noch unbeantwortet!

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    • #3
      Die Tatsache, dass alles dem Wandel der Evolution unterliegt(wikipedia)
      ist auch sehr interessant & zerschlägt auch dieses "Schulbladendenken".

      Vielen Dank!

      Kommentar


      • #4
        Hi,
        nunja, ganz frei wählbar ist der 'Artbegriff' nicht.
        Wenn sich zwei Tiere nicht verpaaren können - oder wenn die Verpaarung zu unfruchtbaren Jungtieren führt, kann es nicht ein und die selbe Art sein.
        Wenn sich die Tiere verpaaren können, und die Jungtiere fruchtbar sind, ist es im Grunde auch die gleiche Art.
        Wichtig hierbei: verpaaren können heißt nicht, dass sie, wenn man die beiden Tiere zusammensetzt, eine erfolgreiche Paarung stattfindet. Wenn sich die Tiere nie treffen, und deshalb nicht verpaaren können, ist es fraglich, ob man wirklich von einer Art sprechen kann. Der genetische Austausch sollte auch in der Natur unter 'normalen' Umständen möglich sein. Unterarten, 'Lokalformen', 'Rassen', etc. sind Unterkategorien einer Art.
        In der Botanik ist das schwieriger, da die Hybridisierung fleißig funktoniert, aber eben auch meistens nur dann, wenn man die Arten künstlich zusammenbringt, bzw. künstlich befruchtet.

        Bakterien machen das ganze auch etwas 'anders', da es hier keine klassische Vermehrung wie bei uns gibt. Da isses eher wie bei den Pflanzen, und sogar noch 'schlimmer'. Eben 'einfacher' vom Prinzip her, und dadurch mit weniger Grenzen.

        Eine Art lässt sich, wie ich finde, noch recht gut abgrenzen. Alles darüber - Gattungen, Familien;.. ist im Grunde nur Spielerei.
        Grüße,
        Matthias
        Von der Natur begeistert ..

        [Ehemals Alan Grant]

        DGHT-AG Einsteiger- und Jugendarbeit

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        • #5
          "Ganz" frei wählbar ist sicher interpretierbar. Denn gängige Praxis ist ja durchaus, dass Exemplare der Gruppe A von Autor B nach dem selbstgewählten Merkmal (z.B. Anzahl der Schuppen um die Körpermitte) als Art A zusammengefasst werden, während Autor D Exemplare der Gruppe C etwa in Ermangelung von Schuppen anhand der Anzahl von Wirbeln als eigneständige Art anerkennt. Wirklich kompliziert wird's aber erst, wenn Autor D sich Gruppe A ansieht und Schuppen für ein ungeeignetes Bestimmungsmerkmal hält, daher die Struktur der (beispielsweise) männlichen Geschlechtsteile heranzieht und Gruppe A in Art A und Art E einteilt. Hat nun die Anzahl der Schuppen um die Körpermitte Vorrang vor der Unterscheidung durch die Geschlechtteile, oder nicht? Dazu gibt es keinerlei (mir bekannte) Regel denn die würde ja auch nur begrenzt Sinn machen. Schuppen um die Körpermitte zu zählen macht irgendwo noch Sinn, aber bei einem schuppenlosen Säuger etwa Haare um die Körpermitte zu zählen wäre ja wohl erfolglos.

          Auch die mögliche oder unmögliche Verpaarung von Tieren liefert für unsere taxonomischen Schubladen nicht immer absolute Ergebnisse. So ist der Wasserfrosch (Rana esculenta) eine Naturhybride aus Teich- (R. lessonae) und Seefrosch (R. ridibunda) und selbst fortpflanzungsfähig. Anerkennung als Art finden dennoch alle drei, wobei esculenta, naja, wie will man sagen,... nicht Fisch noch Fleisch ist und entweder mit dem Vorsatz kl. (Klepton) oder in Anführungstrichen gesetzt wird und daher doch irgendwie eine Sonderstellung zu üblichen Art-Schreibweisen hat. Können sich die Wissenschaftler hier einfach nicht entscheiden?

          Und noch schwieriger wird's bei Pflanzen, von denen durchaus viele Arten Naturhybriden bilden, etwa die noch sehr junge Gattung Nepenthes. Die Arten sind entwicklungsgeschichtlich so jung, dass sie noch derart viele genetische Merkmale teilen, dass eine Hybridisierung fast unbegrenzt möglich ist und auch geschieht. Auch wenn's nicht alle Arten dem Laien einfach machen, so sind sie doch, zumindest wenn man jeweils ein entsprechendes, vergleichbares Entwicklungsstadium betrachtet, für den Experten ganz offensichtlich anhand morphologischer Merkmale voneinander abtrennbar. Genetisch, nun ja... wie war das mit den Vögeln und den Krokodilen?!

          Inwiefern sich nun eine Art gut abgrenzen lässt, Gattungen, Familien und so weiter aber nur Spielerei sind, wird mir nicht ganz schlüssig. Einen Waran kann ich noch ganz gut von 'nem Skink unterscheiden, aber den Bindenwaran in all seinen "Varationen" oder Arten (ist ja gerade in der Überarbeitung)?! Das ist doch eher was für Eingefleischte.


          Gruß
          Dennis
          Zuletzt geändert von Sven Zeeb; 23.08.2010, 20:06.
          Obwohl ich die mächtige Suchfunktion benutzt, meinen nächstgelegenen reptilienkundigen Tierarzt aufgesucht, die veterinärmedizinische Datenbank durchsucht, mein Tier den gesetzlichen Mindestanforderungen zur Reptilienhaltung gemäß untergebracht... und den Nachbarn des Schwippschwagers meiner Großtante befragt habe, ist meine Frage immer noch unbeantwortet!

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          • #6
            Hi Dennis,
            da ich grad wenig Zeit habe, gehe ich auf den latzten Absatz ein.

            Was ich damit meine, dass Familien etc. nur Spielerei sind, ist Folgendes:

            Nimmst du das Ganze nun aus genetischer Warte in Augenschein, wirst du merken, dass es keine feste 'Werte' gibt, ab wann etwas in eine gemeinsame Gattung ode rin eine andere gehört. Rein genetisch kann es sein, dass du eine Gattung hast, bei denen die Tiere genetisch zu 3% variieren, du jedoch zwei andere Gattungen hast, deren Unterschied nur 2,5% beträgt. Müssen die anderen Gattungen deshalb verschmolzen werden? Oder die erste aufgetrennt werden?
            Klar kannst du diese größeren morphologischen Unterschiede leichter erkennen.
            Aber was ist mit konvergenten Entwicklungen?
            Deshalb sage ich, dass es leichter is zu sagen "Tier A und Tier B können sich nicht fortpflanzen -> zwei Arten", als zu sagen "die Tiere gehören alle in eine Familie", oder noch 'schwieriger' in eine Ordnung.
            Denn die Frage ist auch hier immer, wo die Grenzen sind.

            Grüße,
            Matthias

            PS.: Die Frösche sind aber auch fies - und Pflanzen .. die sind eh ein Sonderfall.
            Von der Natur begeistert ..

            [Ehemals Alan Grant]

            DGHT-AG Einsteiger- und Jugendarbeit

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            • #7
              Naja ich würde da Matthias zustimmen, denn der Artbegriff ist jeder für sich doch sehr klar umgrenzt, das Problem ist nur das es verschiedene Konzepte gibt die miteinander konkurieren.
              Der in meinen Augen beste ist der von Mayr und es ist auch vollkommen normal das man nicht alle Erscheinungen in der Natur unter ein Konzept packen kann. Daher sollten auch auf einzelne Stämme wie Pflanzen, Baktierien, Pilze andere Konzepte angewandt werden.
              Familien etc sind insofern Spielerei weil es eben genau hierfür keine Definitionen gibt.

              Philipp

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              • #8
                Zitat von The Dude Beitrag anzeigen
                Naja ich würde da Matthias zustimmen, denn der Artbegriff ist jeder für sich doch sehr klar umgrenzt, das Problem ist nur das es verschiedene Konzepte gibt die miteinander konkurieren.
                Der in meinen Augen beste ist der von Mayr und es ist auch vollkommen normal das man nicht alle Erscheinungen in der Natur unter ein Konzept packen kann. Daher sollten auch auf einzelne Stämme wie Pflanzen, Baktierien, Pilze andere Konzepte angewandt werden.
                Familien etc sind insofern Spielerei weil es eben genau hierfür keine Definitionen gibt.
                Wenn es also mehrere, klar abgegrenzte Artbegriffe gibt, bleibt das Problem der Definition doch nach wie vor bestehen?! Denn wenn ein Begriff nicht mehrfache, aus verschiedenen Sinnzusammenhängen entstehende Bedeutungen hat und damit unterschiedliche (objektive) Definitionen legitimiert sind, sondern verschiedene Definitionen dazu dienen, einen Begriff zu erläutern, dann ist das Chaos perfekt und die Ausgangsfrage kann wie zu Anfang eigentlich nur damit beantwortet werden, dass man sich, ganz programmatisch, für einen Autor/ einen Text/ eine Veröffentlichung entscheidet, die einen individuell ansprechenden Artbegriff prägt, und dann mit diesem arbeitet.

                Nichts anderes wird im Bereich der Taxonomie ja auch gemacht. Man muss sich eben für eine Definition entscheiden (oder eine eigene entwerfen). Das ist auch legitim, zumindest solange es keinen "Obersten Gerichtshof" in der Biologie gibt, der eine allgemeingültige Definition erlässt. Zwar finden wir, als interessierte Tierhalter, uns dann des öfteren der Situation gegenüber, dass nicht nur Arten, sondern ganze Gattungen neu geordnet werden, unter Umständen nach einiger Zeit manche Arten wieder ihren alten Status erhalten, oder amerikanische und europäische Wisseschaftler über diese und jene Art ganz unterschiedlicher Auffassung sind und eine bestimmte Art für einige Zeit mal so und mal so genannt wird - je nach Gusto.

                Solche Differenzen sind natürlich gerade in diskutierter Wissenschaft wichtig, denn sonst bräuchten wir nur ein Buch wie die Bibel oder ein beliebiges anderes welches wir als solche anerkennen. Die Diskussion wird den Begriff über kurz oder lang verfeinern und möglicherweise wird es eines Tages eine allgemeingültige Definition geben. Falls das allerdings jemals der Fall sein wird, dann wird diese Definition sicherlich alles andere als simpel sein.

                Wahrscheinlicher ist, dass es keine allgemeingültige Definition geben wird. Leben ist Wandel, es ist ein Fluss der sich stets verändert. Menschliches Denken läuft aber in Kategorien ab. Menschliche Wahrnehmung läuft in Kategorien ab. Unsere Sinnesorgane, unsere Gehirn, wir, arbeiten selektiv. Die schiere Mengen an "Daten", Umwelteinflüssen, möglichen Ideen usw. ist zu groß als dass wir sie verarbeiten könnten. Wir sortieren in Schubladen und wir verkleinern unsere Schubladen stetig und vergrößern ihre Menge. In der Regel verfeinern wir die Schubladen derart, dass unsere Theorien "alltagstauglich" werden, dem Geiste der Zeit entsprechen, überprüft werden können und Sicherheit geben. Gleichzeitig erkennen wir aber auch oft, nicht nur im Bereich der Biologie, dass Schubladen immer gewisse Bereiche ausklammern. Aber was soll'n wir tun? Die Evolution hat uns so hervorgebracht und die ausgeklammerten Bereiche sind ja immerhin der Motor für weitere Neugier und Forschung.

                Inwiefern übergeordnete Klassifierzierungen in "Familien etc" Spielerein sind (Was überhaupt alles? Nur Familien und Gattungen, oder etwa auch Ordnungen und Klassen?!), leuchtet mir nach wie vor nicht ganz ein. Denn so wie ich die Sache sehe mangelt es hier ebenso an einer einheitlich anwendbaren Definition wie bei der Sache mit der Beurteilung der Arten. Letzlich ist die Art die Gegenwartsform eines biologischen, durch Evolution entstandenen Lebewesens bzw. dessen Fortpflanzungsgemeinschaft. Übergeordnete Klassifizierungen dienen lediglich dazu, eine gemeinsame Abstammungslinie sichtbar zu machen. Anhand eines umfassenden Stammbaums könnte man also recht gut deutlich machen, wo man die Trennlinien setzt.

                Richtig ist dabei natürlich allerdings, dass das Setzen dieser Trennlinien meines Wissens nicht einheitlich geregelt ist (siehe die Sache mit den Vögeln und den Reptilien). Als selbstverständlich können wir wohl voraussetzen, dass es Unterschiede zwischen Lebewesen gibt. Forelle und Amsel sind unterschiedlich, aber wo liegen die qualitativen Unterschiede und vorallem, welchen Stellenwert messe ich - als Mensch, für mein menschliches Kategoriensystem - diesen Unterschieden bei?! Darum dreht sich doch letztlich die Frage, sowohl bei Arten als auch bei übergeordeten Taxa. Denn als ebenso sicher wie es Unterschiede zwischen den Lebewesen gibt, kann gelten, dass Evolution als Prozess sich nicht an einem anthropologischen Weltbild, an Arten, Gattungen, Familien etc. orientiert.

                Gruß
                Dennis
                Obwohl ich die mächtige Suchfunktion benutzt, meinen nächstgelegenen reptilienkundigen Tierarzt aufgesucht, die veterinärmedizinische Datenbank durchsucht, mein Tier den gesetzlichen Mindestanforderungen zur Reptilienhaltung gemäß untergebracht... und den Nachbarn des Schwippschwagers meiner Großtante befragt habe, ist meine Frage immer noch unbeantwortet!

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                • #9
                  Zitat von black-eye Beitrag anzeigen
                  Wenn es also mehrere, klar abgegrenzte Artbegriffe gibt, bleibt das Problem der Definition doch nach wie vor bestehen?! Denn wenn ein Begriff nicht mehrfache, aus verschiedenen Sinnzusammenhängen entstehende Bedeutungen hat und damit unterschiedliche (objektive) Definitionen legitimiert sind, sondern verschiedene Definitionen dazu dienen, einen Begriff zu erläutern, dann ist das Chaos perfekt und die Ausgangsfrage kann wie zu Anfang eigentlich nur damit beantwortet werden, dass man sich, ganz programmatisch, für einen Autor/ einen Text/ eine Veröffentlichung entscheidet, die einen individuell ansprechenden Artbegriff prägt, und dann mit diesem arbeitet.
                  Tja so ist es eben in der Wissenschaft. Auch Darwin hat 'nur' eine Theorie aufgestellt deren Definitionen nicht von allen geteilt werden.
                  Somit entsteht aber noch lange kein Chaos sondern es bestehen nur unterschiedliche Sichtweisen. Für manche ist es essentiell Unterarten zu benennen, anderen lehnen dies als altmodisch ab.
                  Das ist Diskussion und wissenschaftlicher Austausch, kein Chaos.

                  Philipp

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                  • #10
                    Zitat von black-eye Beitrag anzeigen
                    Inwiefern übergeordnete Klassifierzierungen in "Familien etc" Spielerein sind (Was überhaupt alles? Nur Familien und Gattungen, oder etwa auch Ordnungen und Klassen?!), leuchtet mir nach wie vor nicht ganz ein. Denn so wie ich die Sache sehe mangelt es hier ebenso an einer einheitlich anwendbaren Definition wie bei der Sache mit der Beurteilung der Arten.
                    Nein, denn für die Art gibt es Definitionen, sogar mehrere. Für die Definition einer Gattung gibt es nur eine nicht anerkannte. Für Familien etc gar keine. Da ist der Unterschied und jeder ist frei ohne Definition zuzuordnen. Das wäre dann 'Spielerei'.

                    Zitat von black-eye Beitrag anzeigen
                    Letzlich ist die Art die Gegenwartsform eines biologischen, durch Evolution entstandenen Lebewesens bzw. dessen Fortpflanzungsgemeinschaft. Übergeordnete Klassifizierungen dienen lediglich dazu, eine gemeinsame Abstammungslinie sichtbar zu machen. Anhand eines umfassenden Stammbaums könnte man also recht gut deutlich machen, wo man die Trennlinien setzt.
                    Tja und das ist eben alles nur Theorie denn die Fortpflanzungsgesellschaft ist schwer zu testen. Und eine Abstammungslinie hängt immer davon ab woman den letzten gemeinsamen Vorfahren wählt.

                    Philipp

                    Kommentar


                    • #11
                      Zitat von The Dude Beitrag anzeigen
                      Tja so ist es eben in der Wissenschaft. Auch Darwin hat 'nur' eine Theorie aufgestellt deren Definitionen nicht von allen geteilt werden.
                      Somit entsteht aber noch lange kein Chaos sondern es bestehen nur unterschiedliche Sichtweisen. Für manche ist es essentiell Unterarten zu benennen, anderen lehnen dies als altmodisch ab.
                      Das ist Diskussion und wissenschaftlicher Austausch, kein Chaos.
                      Aus dem von mir bereits Geschriebenen wurde hoffentlich klar, dass ich "Chaos" nur im metaphorischen Sinne verwendet habe, denn ich erkenne ja durchaus an, dass der wissenschaftliche Diskurs nötig ist und die Erkenntnis über kurz oder lang (hoffentlich) voranbringt.

                      Nein, denn für die Art gibt es Definitionen, sogar mehrere. Für die Definition einer Gattung gibt es nur eine nicht anerkannte. Für Familien etc gar keine. Da ist der Unterschied und jeder ist frei ohne Definition zuzuordnen. Das wäre dann 'Spielerei'.
                      Nun, ich bin kein Evolutionsbiologe, aber offenbar ist die "klassisch" orientierte Einteilung mit Gattung, Familie etc. aber nach wie vor sehr populär, immerhin findet man sie in praktisch jeder Literatur, der reptile-database und neueren Erstbeschreibungen. Zugegebenermaßen habe ich aus dem Stehgreif keine Ahnung ob und wenn, wie genau, eine Familie allgemein definiert wird. Für mich persönlich macht es allerdings Sinn, übergeordnete Taxa in der Systematik zu haben, auch wenn eine exakte Abgrenzung schwierig sein mag. Ich stimme dem Begriff "Spielerei" dann zu, wenn es wirklich so ist, dass solche Begriffe verwendet werden, ohne dass dafür irgendeine anerkannte Beschreibung vorliegt.

                      Tja und das ist eben alles nur Theorie denn die Fortpflanzungsgesellschaft ist schwer zu testen. Und eine Abstammungslinie hängt immer davon ab woman den letzten gemeinsamen Vorfahren wählt.
                      Eben, der Mensch definiert wo der letzte gemeinsame Vorfahre auf dem Stammbaum lokalisiert ist. Das ist auch legitim, denn der Mensch betreibt die Wissenschaft und ist es auch, der den (oder die) Artbegriff(e) definiert. Die Fortpflanzungsgemeinschaft als Definition ist dabei nicht nur Theorie und schwer zu testen, sondern auch lückenhaft (wie bereits beschrieben) und damit reif, durch eine erweiterte Theorie ersetzt bzw. ergänzt zu werden.


                      Gruß
                      Dennis
                      Obwohl ich die mächtige Suchfunktion benutzt, meinen nächstgelegenen reptilienkundigen Tierarzt aufgesucht, die veterinärmedizinische Datenbank durchsucht, mein Tier den gesetzlichen Mindestanforderungen zur Reptilienhaltung gemäß untergebracht... und den Nachbarn des Schwippschwagers meiner Großtante befragt habe, ist meine Frage immer noch unbeantwortet!

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                      • #12
                        Zitat von black-eye Beitrag anzeigen
                        Eben, der Mensch definiert wo der letzte gemeinsame Vorfahre auf dem Stammbaum lokalisiert ist.
                        Nein, der Mensch definiert das nicht, sondern findet das heraus. Solange man dabei genetische Informationen zugrunde legt und sich nicht auf ein paar mitochondriale Abschnitte beschränkt, sondern genomweit analysiert, ist das eine sehr objektive und fehlerunanföällige Methode.
                        Damit sind wir jetzt in der etwas paradoxen Situation, dass wir monophyletische Gruppen von Arten inzwischen genauer und besser definieren können als die Art selber.
                        Was man dabei allerdings Gattung, was Familie etc pp nennt, das ist immer noch ein wenig schwammig fixiert.


                        Gruß

                        Ingo
                        Kober? Ach der mit den Viechern!




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                        • #13
                          Zitat von black-eye Beitrag anzeigen
                          Nun, ich bin kein Evolutionsbiologe, aber offenbar ist die "klassisch" orientierte Einteilung mit Gattung, Familie etc. aber nach wie vor sehr populär, immerhin findet man sie in praktisch jeder Literatur, der reptile-database und neueren Erstbeschreibungen. Zugegebenermaßen habe ich aus dem Stehgreif keine Ahnung ob und wenn, wie genau, eine Familie allgemein definiert wird.
                          Nun, die Einteilung in verschiedene Ränge ist nicht das Metier der Evolutionsbiologen, sondern der Systematiker und ist ein System, dass z.B. nicht immer den tatsächlichen Evolutionsverlauf aufgreift. Zum Beispiel werden die Vögel immernoch als eigene Klasse, wenn auch mittlerweile zumeist in "" geführt, behandelt. Und auch innerhalb der federtragenden Reptilien müsste man ein paar klassische Aufteilungen auflösen.

                          Zitat von black-eye Beitrag anzeigen
                          Eben, der Mensch definiert wo der letzte gemeinsame Vorfahre auf dem Stammbaum lokalisiert ist. Das ist auch legitim, denn der Mensch betreibt die Wissenschaft und ist es auch, der den (oder die) Artbegriff(e) definiert.
                          Der Wissenschaftler definiert es nicht, denn es gibt keine Definition wo der letzte gemeinsame Vorfahr zu lokalisieren ist, sondern der einzelne Wissenschaftler setzt es subjektiv fest und stellt es zur Diskussion. Zudem gibt es auch eine Anzahl von Wissenschaftlern die anzweifeln, dass es real überhaupt Arten gibt und auch dieses Taxon etwas vom Menschen willkürlich erhobenes ist, dass sich in der Natur nicht abbildet.

                          Zitat von black-eye Beitrag anzeigen
                          Die Fortpflanzungsgemeinschaft als Definition ist dabei nicht nur Theorie und schwer zu testen, sondern auch lückenhaft (wie bereits beschrieben) und damit reif, durch eine erweiterte Theorie ersetzt bzw. ergänzt zu werden.
                          Dem würde ich so widersprechen. Nur weil eine Definition nicht auf alle Lebewesen anzuwenden ist, heißt es nicht das sie schlecht ist. Es gibt in der Biologie kaum Definitionen die allen Mitgliedern der definition wirklich gerecht werden.
                          Zudem gibt es seit der Aufstellung dieses Artbegriffes Gegenargumente und Gegendefinitionen. Die zeit ist also nicht reif, sondern es wurde schon längst und immer gemacht. Mit einem Boom in der jüngeren zeit durch den PhyloCode.

                          Philipp

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                          • #14
                            Zitat von Ingo Beitrag anzeigen
                            Nein, der Mensch definiert das nicht, sondern findet das heraus. Solange man dabei genetische Informationen zugrunde legt und sich nicht auf ein paar mitochondriale Abschnitte beschränkt, sondern genomweit analysiert, ist das eine sehr objektive und fehlerunanföällige Methode.
                            Zum einen bestätigt auch die Genetik, dass die gute alte Morphologie sehr oft recht hatte. Das wollte ich nicht unerwähnt lassen.
                            Und wenn man Genetik (also die Morphologie der A-Säure Abfolge) für Phylogenien zugrunde legt, sollte man vor allem mit Kerngenen arbeiten. Wenn mitochondrial, dann in meinen Augen sollte es immer kombiniert mit Morphologie sein.

                            Zitat von Ingo Beitrag anzeigen
                            Damit sind wir jetzt in der etwas paradoxen Situation, dass wir monophyletische Gruppen von Arten inzwischen genauer und besser definieren können als die Art selber.
                            Was man dabei allerdings Gattung, was Familie etc pp nennt, das ist immer noch ein wenig schwammig fixiert.
                            Das stimmt. Monophyletische Gruppen können mittlerweile gut identifiziert werden. Fehlerquellen sind aber zum Beispiel auch hier die Fehlbestimmung und auch das Weglassen von Arten.

                            Philipp

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                            • #15
                              Zitat von The Dude Beitrag anzeigen
                              Und wenn man Genetik (also die Morphologie der A-Säure Abfolge) für Phylogenien zugrunde legt, sollte man vor allem mit Kerngenen arbeiten. Wenn mitochondrial, dann in meinen Augen sollte es immer kombiniert mit Morphologie sein.
                              Völlig Deiner Meinung. Mitochondrienevolution hat eben keine 100%ige Kopplung an die Evolution des Mitochondrienträgers. Persönlich bin ich deshalb gar kein Freund von Mitochondrien basierter Systematik, da die eben oft eher Mitochondriensystematik ist. Bislang war das halt aus technischen (erledigt-die vollständige Sequenzierung eines menschlichen Genoms ist heute in fünf Arbeitstagen machbar) und Kostengründen (nie erledigt) für die akademische Forschung oft der einzige Weg. Aber aus deisen Gründen sagte ich ja oben auch: Genomweit wäre wünschenswert.

                              Natürlich wurde und wird auch mit diesen Methoden oft nur bestätigt, was die morphologische Analyse vorlegte. Gar nicht selten gab es aber auch Überraschungen (Aotus Arten, taxonomische Stellung des Geparden, europäische Fledermäuse, die Psilotum Überraschung um mal was aus dem Pflanzenreich zu nennen...).
                              Leider -oder natürlich ist auch die genetische Analyse nicht unbestechlich nd frei von Fehlerquellen, wioe Du schon sagtest.
                              Weitere Fragen wären beispielsweise: Kann horizontaler Gentransfer irre führen? Können Polyploidie oder rein epigenetische Unterschiede taxonomisch relevant sein?
                              Welche DNA Bereiche sind taxonomisach "relevanter" als andere und warum?
                              Bei all diesen Fragen hilft die morphologische und ethologische Analyse nach wie vor weiter, zudem die Forscher auch hier viel dazugelernt haben und immer mehr von der Makro- in die Mikrowelt vordringen (nano wär hipper, sag ich aber jetz mal nicht).
                              Trotzdem wird der nächste Durchbruch in der Taxonomie aus dem Bereich Proteomanalyse kommen...

                              Gruß

                              Ingo
                              Zuletzt geändert von Ingo; 26.08.2010, 10:09.
                              Kober? Ach der mit den Viechern!




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