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spielende Reptilien

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  • spielende Reptilien

    Einen wunderschönen guten Abend!

    Hat schon jemand das neue Buch "The Genesis of Animal Play" von Gordon M. Burghardt (MIT Press, Cambridge, MA, 2005) gelesen? Ich hab's leider noch nicht, aber es klingt sehr interssant und liefert sicher ausreichend Gesprächsstoff! :-)
    (siehe auch http://www.amazon.com/exec/obidos/tg/detail/-/0262025434/qid=1118519419/sr=1-1/ref=sr_1_1/102-8017121-0629748?v=glance&s=books)

    Hier noch etwas über den Autor, seine Forschung, spielende Komodowarane, Schildkröten (wer hätte das gedacht!) und lachende Tiere. Dr. G. D. Burghardt untersucht schon seit vielen Jahren die Evolution des Spieltriebs. Burghardts besonderes Interesse sind die Reptilien:
    http://www.detroitzoo.org/dzs/2004/april_2004/nacc_scholar.html
    http://www3.interscience.wiley.com/cgi-bin/abstract/68749/ABSTRACT
    http://coloherp.org/cb-news/Vol-31/cbn-0402/index.php

    Viel Spaß beim lesen und Kommentare sind natürlich gerne erwünscht!
    Winfried

    [[ggg]Editiert von bergfloh am 11-06-2005 um 23:12 GMT[/ggg]]

  • #2
    Re: spielende Reptilien

    Hallo Winfried,

    interessanter Gedanke, vor allem weil es ja noch weit über unseren heftig debattierten Gefühlsthread hinausgeht, Gefühle und Empfindungen ("pleasurable") bei Schildkröten aber voraussetzt.

    "According to the criteria, play behavior, in general, is "not completely functional" (meaning that it includes elements that do not contribute to or are necessary for survival); it appears to be spontaneous, voluntary, intentional, pleasurable, rewarding and/or "done for its own sake";

    Kann jemand den vollen Artikel über die Weichschildkröte öffnen (Uni-Abo?) Ich bemühe mich, Vitamin B dauert aber, bis es wirkt ...


    Gruß, Editha

    Kommentar


    • #3
      Re: spielende Reptilien

      Kacchua schrieb:
      interessanter Gedanke, vor allem weil es ja noch weit über unseren heftig debattierten Gefühlsthread hinausgeht, Gefühle und Empfindungen ("pleasurable") bei Schildkröten aber voraussetzt.

      Kann jemand den vollen Artikel über die Weichschildkröte öffnen (Uni-Abo?)
      Hallo Winfried, hallo Editha

      Leider konnte auch ich den vollen Artikel nicht öffnen, aber ich bedanke mich bei Herrn Bidmon für die Zusendung des pdfs, auch wenn seine Intension dazu vermutlich etwas anders geartet war ;-)

      In dem Beitrag (Abstract: http://www3.interscience.wiley.com/cgi-bin/abstract/68749/ABSTRACT ) geht es um eine Trionyx triunguis (syn. Apalone triunguis, eine Nil-Weichschildkröte), die seit über 50 Jahren in dem Zooaquarium des National Zoo (Washington, D. C.) gehalten wurde. Das Zooaquarium hatte die Maße 2,90 x 3 m und einen Wasserstand von rund 88 cm! Das anfangs ca. 15 cm große Tier wuchs in diesem Zoo bis zum Zeitpunkt der Untersuchung auf 80 cm Länge, 60 cm Breite und 30 kg Gewicht heran. Wohlgemerkt: in diesem vergleichsweise mickrigen Becken! Das Becken enthielt als einzige Ausstattung einige Äste von 1 m Länge und 2,5 cm Dicke, die am Beckenboden als Gruppe arrangiert waren. Ansonsten war das Becken völlig kahl!

      In den 80er-Jahren beobachtete man bei dem Tier zunehmend, daß es begann sich selbst mit seinen Krallen im Nacken und durch Beissen in die Vorderbeine zu verstümmeln. Dies führte zu entzündeten und verpilzten Wunden. Dieses Auto-Mutilations-Verhalten (krankhaftes Selbst-Verstümmelungs-Verhalten) erinnert sehr stark an auf engstem Raum sitzende, im höchsten Maße gestresste Käfighühner, die sich die Federn ausrupfen und, ungeachtet der Schmerzen, die Haut blutig picken.
      Somit würde ich diese Weichschildkröte als im höchsten Maße verhaltensgestört ansehen.

      Dieses Automutilationsverhalten hörte erst auf, als man dem Tier diverse "Spielzeuge" (Gummischlauch, Basketball, Reifen, Stöcke, etc.) in das Becken gab. Die SK begann, sich mit den Gegenständen zu "beschäftigen", vor allem dann, wenn der Pfleger die Gegenstände bewegte (Schlauch) oder sie durch einfließendes Wasser in Bewegung kamen. Ihr Verhalten bestand ab nun zu rund 21% darin, sich mit den eingebrachten Gegenständen zu befassen und es versucht an ihnen in Ermangelung von
      jeglichen Versteckplätzen zu ruhen (Schlauch). Das Interesse dafür (oder besser: sein angeborener Instinkt, sich für sich Bewegendes zu interessieren = Beutefangverhalten) hielt jedoch nicht dauerhaft an und flammte erst dann wieder auf, wenn die Gegenstände eine Weile aus dem Becken entfernt und erneut eingebracht wurden. Der Instinkt erlahmt/stumpft ab bei einem ständig auftretenden Schlüsselreiz.

      Die Autoren schreiben am Ende des Beitrags ja selbst:

      Zitat aus "Problem of Reptile Play: Environmental Enrichment ans Play Behavior in a Captive Nile Soft-Shelled Turtle, Trionyx triunguis (1996, G. M. Burghardt, B. Ward, R. Rosscoe, Zoo Biology 15:223 - 238)"

      Seite 235:
      "The turtle's captive environment was the primary contributor of both surplus resources and the lack of stimulation. The turtle's metabolic needs were probably met, at least in calories: he had survived and grown for >50 years. The thermal needs of the turtle were met as well because the tank was kept at a warm and relativly stable temperature. The turtle did not have to expend the energy he would have had to in the wild to find food and places where he could meet his thermal needs. The turtle also did not have to watch for danger. He had no chance to interact with conspecifics. Thus he was probably deprived of stimulation and demands ("bored") and expresses his boredom by scratching and biting himself, until the objects were placed in the tank and diverted his attention away from his own body parts."

      Und weiter Seite 236:
      "Unfortunately, T. triunguis ist rare in captivity and as far as we know is not exhibited by any other North American zoo or aquarium. But discussions with many herpetologists, reptile curators, and other experiencend with captive reptiles indicate that we have observed with "Pigface" is highly unusual, if not unique. Since mud or sand to bury in was not provided, perhaps the high level of activity we found was due to the lack of an appropriate substrate in wich to bury. But that is just the point. A bare concrete bottom in a tank, perhaps necessary for exhibit and cleaning reasons, is itself a clue that some other environmental components should be considered.
      We do not want to leave the impression that providing toys for reptiles is the only, or even the preferred, type of enrichment." and so on....

      Ich denke, wenn eine so große, schwimmfreudige Wasserschildkröte auf so engem Raum (weniger als die 4fache Körperlänge) gehalten wird, die dann 2 mal die Woche 9 lebende Goldfische und eine tote Ratte "jagen darf", greift so ein Tier in Ermangelung sämtlicher Eindrücke nach jedem erdenklichen Strohhalm und versucht zumindest, sein angeborenes Beutefangverhalten auszuleben! Das hat aber meiner Meinung nach nichts mit "Ausleben eines angeborenen Spieltriebes" zu tun, sondern scheint mir eher der letzte Versuch zu sein, seinem eintönigen Leben zu entgehen. So eine Haltung ist tierschutzrelevant!

      Das Tier starb ca. ein Jahr nach dieser Studie an seiner zu großen Parasitenlast und den daraus folgenden organischen Problemen.

      Schöne Grüße

      Eva

      edit: einige Tippfehler berichtigt und Erklärung "Automutilationsverhalten" zugefügt.




      [[ggg]Editiert von eva1 am 17-06-2005 um 19:41 GMT[/ggg]]

      Kommentar


      • #4
        Re: Re: spielende Reptilien

        Hallo Eva,

        ich fand den Artikel auch nicht gerade ein Highlight der exakten Wissenschaften, hatte ihn nicht mal ganz zu Ende gelesen. Aber weil wir interessanter Weise zu unterschiedlichen Goldfischzahlen kamen, habe ich dieses überaus forschungsrelevante Detail noch mal nachgelesen, wir hatten beide nicht recht...


        Gruß, Editha

        Kommentar


        • #5
          Re: spielende Reptilien

          Hallo Editha

          Mathematik war noch nie so meine Stärke

          Ich hab nochmal nachgesehen:

          Du hast recht: Anfangs erhielt die Schildkröte 2 x die Woche 6 lebende Goldfische und eine tote große Ratte pro Woche.
          Später erhielt sie 3 Goldfische pro Tag + 1 kleine Ratte pro Woche. Deine Theorie, daß das Tier an Überfütterung einging, wäre damit erwiesen

          Schöne Grüße

          Eva

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          • #6
            Re: Re: spielende Reptilien

            eva1 schrieb:
            Mathematik war noch nie so meine Stärke
            Meine offensichtlich auch nicht. Ich hatte nämlich gerechnet 2 x 6 = 6

            Edit: wenn ich mir's so genauer überlege, in der Schule hätte diese Rechnung wahrscheinlich wirklich eine 6 gegeben...

            Gruß, Editha

            [[ggg]Editiert von Kacchua am 18-06-2005 um 09:25 GMT[/ggg]]

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