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Versuch zur Analyse der Gruppen und Einzelhaltung

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  • #46
    Re: Versuch zur Analyse der Gruppen und Einzelhaltung

    Hallo Irmi,

    Und ich halte Anfänger, und damit meine ich auch Halter mit nur zwei oder drei Jahren Schildkrötenerfahrung, für überfordert, die Gefahren wirklich richtig einschätzen zu können.
    Das sehe ich nicht so, denn es kommt nicht darauf an, wieviel Jahre Erfahrung jemand besitzt, sondern wie intensiv und richtig die Erfahrungen in der kurzen Zeit waren. Wenn ein Anfänger beginnt, NZ zu pflegen, stellt sich doch eigentlich nicht die Frage nach Gruppen oder Einzelhaltung, jedoch zum späteren Zeitpunkt schon, oder trennst Du bereits bei der Aufzucht?

    Dass die Gruppenhaltung bei manchen erfahrenen Haltern schon seit Jahren klappt, glaube ich. Ich frage mich zwar, wie oft sie gruppenuntaugliche Tiere gegen gruppentaugliche ausgetauscht haben, bis sie eine harmonisierende Gruppe hatten, aber das gibt niemand zu, und der eine oder andere mag auch Glück mit seinen Tieren gehabt haben.
    Genauso könnte man aber auch argumentieren, wieviel Halter schlichtweg einfach nur Pech hatten, indem Sie gruppenuntaugliche Tiere aufgenommen haben. Ich denke dieser Punkt ist ne Sackgasse.

    Jeder muss für seine Tiere die beste Haltungsform selbst herausfinden
    Ganz deiner Meinung.

    Dauernde Paarungsversuche, Dominanzgehabe und Rangfolgekämpfe sind jedoch zweifellos Stress für die Tiere, den sie sicher nicht brauchen, und der sie sogar krank macht
    Sehe ich ähnlich, bis auf dass in der Natur eben auch ein gewisses Stresspotential vorhanden ist, wir aber nicht abgleichen können, was unnatürlich / zuviel ist. Eine Trennung wäre aber im Zweifelsfall, auch nach meiner Meinung, sinnvoll.

    Sollen deiner Meinung nach, Anfänger erstmal nur 1 Tier einer Gattung/Art/Unterart kaufen, und es dabei belassen, oder später weitere Tiere (bei denen das Geschlecht erkennbar ist, die dann aber vergleichsweise deutlich teurer sind) hinzukaufen? - oder gleich zu Beginn mehrere Tiere kaufen, ohne zu Wissen, wieviel Männlein und Weiblein es sind?

    Gruß,
    Sascha

    [[ggg]Editiert von sascha* am 29-06-2005 um 15:38 GMT[/ggg]]

    Kommentar


    • #47
      Re: Versuch zur Analyse der Gruppen und Einzelhaltung


      Hallo Sascha

      Sehen wir uns doch mal den Begriff "Stress" näher an:

      Stress allgemein ist erst mal nur eine körperliche Reaktion, nämlich durch optische (mit dem Auge) oder olfaktorische (mit dem Geruchsssinn wahrgenommene) Reize eine Erregung der Nervenbahnen, Erhöhung des Herzschlags, Ansteigen des Blutdrucks, (je nach Körperteil) verstärkte oder verminderte Durchblutung, Erweiterung der Bronchien/Lungengewebe, Aktivierung der Leberfunktion, etc..

      Grundsätzlich möchte ich aber hier mal zwei Dinge auseinanderklamüsern, die ich bisher im Grunde auch in einen Topf geworfen habe: Stress und Distress.

      Stress als solches bewirkt grundsätzlich nur körperliche Reaktionen, die zu einer Aktivierung des Organismus führen und nicht negativ sein müssen. Gewissermaßen als Stimmulierung, z. B. vor einer Paarung. Dies kann durchaus positiv sein (bei uns: z. B. Verliebtsein, --> "Schmetterlinge im Bauch").

      Distress ist die körperliche Reaktion, wo optische oder olfaktorische Eindrücke so stark wirken, daß sie weitere (negative) Körperreaktionen bewirken: z. B. Ausschüttung von Corticoiden Stoffen, die das Immunsystem unterdrücken und daher krank machen (bei uns: z. B. berufliche Überbelastung, --> ungern in die Arbeit gehen).

      Schildkröten sind jetzt ganz sicher nicht in unserem Sinne verliebt und sie gehen ganz sicher auch nicht ungern in die Arbeit, aber das wollte ich mal als Beispiel zum besseren Verständnis anführen.

      sascha* schrieb:
      Ich sagte nicht, dass ich davon ausgehe, sondern dass es nach meiner Meinung ungeklärt ist, ob dies nicht ebenfalls Stress verursachen könnte, wenn man Tieren nur den Sichtkontakt nimmt, jedoch andere Sinne und Kommunikationsmöglichkeiten vorhanden sind.
      Wenn der Sichkontakt unterbunden ist, dann sind doch eigentlich auch keine Kommunikationsmöglichkeiten mehr vorhanden, denn rufen können die Schildkröten sich ja nicht. Das können sie auch nicht, wenn sie sich riechen. Würde man also annehmen, daß die Schildkröten-Männchen Stress hätten, wenn sie die Weibchen nur riechen, aber nicht zueinander können, dann würde das voraussetzen, daß sie gezielt zueinander wollen. Wollen sie das, weil sie der Geruch hormonell zu einer Paarung stimmuliert oder wollen sie das, weil sie ohne einander nicht auskommen können? Wie ist das bei den Weibchen?


      Auch ist ungeklärt, ob der Artgenossenkontakt nicht doch zumindest sporadisch vorhanden sein muss, und nicht nur 1-2 mal im Jahr.
      Da, wie wir ja schon festgestellt haben, die Schildkröten-Männchen in menschlicher Obhut ganzjährig paarungsbereit sind, ist hier das Bedürfnis nach sexuellem Kontakt natürlich ausgeprägter. Ist das bei den Tieren in freier Natur auch so oder gehen sie außerhalb der Paarungszeit eher ignorant miteinander um? Und: was ist mit den Weibchen? Sind die auch ganzjährig an den Männchen interessiert?

      Stressentstehung aufgrund von Mangel und Unbefriedigung könnte ich mir durchaus auch vorstellen.
      Sind die Schildkröten wirklich "unbefriedigt", wenn sie nicht paaren dürfen? Haben Schildkröten das Bewusstsein, Nicht-Befriedigung überhaupt als negativen Stress zu erleben? Oder ist es bei ihnen eher so wie z. B. bei einem Kater: der nimmt, was er kriegen kann, aber wenn nüscht ist, dann ist es halt einfach so? Vielleicht reicht einer SK ein Stein, um für ausreichende Befriedigung zu sorgen?
      Wie wir ja in einem anderen Thread erfahren haben, paaren sich Schildkrötenmännchen auch in freier Natur mit einem Stein.
      Und auch hier wieder: was ist mit den Weibchen?

      Auf Deine Antworten darauf wäre ich jetzt schon seeeehr gespannt.

      Schöne Grüße

      Eva

      Kommentar


      • #48
        Re: Re: Versuch zur Analyse der Gruppen und Einzelhaltung

        eva1 schrieb:
        Schildkröten sind jetzt ganz sicher nicht in unserem Sinne verliebt
        Lassen wir doch einfach mal den ganzen kulturell und religiös bedingten Überbau weg. Sind Menschen im Sinne von Schildkröten nicht einfach nur paarungsbereit, wenn sie verliebt sind? Welchen qualitativen Unterschied siehst du?


        eva1 schrieb:
        Wenn der Sichkontakt unterbunden ist, dann sind doch eigentlich auch keine Kommunikationsmöglichkeiten mehr vorhanden.
        Die Kommunikation ist doch nicht auf Lautäußerungen beschränkt. Kommunikation ist Verständigung und die funktioniert über verschiedene Wege, z.B. über Geruchsstoffe/Pheromone.
        Du hast doch Hunde! Einen Rüden? Die läufige Hündin muß nicht "verliebt bellen", um ihm ihre Paarungsbereitschaft mitzuteilen... Und auch das Emys-Männchen schmeckt/riecht, ob sich im Gewässer ein paarungsbereites Weibchen aufhält. Warum sollte das bei Testudo nicht ähnlich sein?

        eva1 schrieb:
        Wollen sie das, weil sie der Geruch hormonell zu einer Paarung stimmuliert oder wollen sie das, weil sie ohne einander nicht auskommen können?
        Männer (und Frauen) wollen überall dasselbe, ihre Gene bestmöglich weitergeben. Alle Paarungsrituale, beim Mensch und beim Tier dienen nur dazu....


        eva1 schrieb:
        Wie ist das bei den Weibchen?
        Wie das bei Schildkröten ist, weiß ich nicht. Aber aus Erfahrung weiß ich, daß einem paarungsbereite (aber eingesperrte) Hündinnen und Katzen mit ihrem Gejaule und Gejammer ganz schön deutlich machen können, daß sie leiden. Und daß alleingehaltene Schildkrötenweibchen bei anderen Weibchen aufreiten, ist ja auch eine Tatsache. Ich habe dieses Verhalten hauptsächlich im Herbst erlebt, nie im Sommer und auch nicht im Frühjahr vor der Eiablage, wie es immer heißt. Bei meinen Weibchen war es ein Zeichen von Paarungsbereitschaft, denn nach mehrfach erfolgter Paarung zeigten sie dieses Verhalten nicht mehr, auch wenn sie wieder alleine waren. Eine Eiablage folgte nie nach diesem Verhalten. Daraus ist zu schließen, daß Schildkrötenweibchen aktiv paarungsbereit sind (nicht nur vergewaltigt werden) und bei ausbleibender Paarung eine (noch zu deutende) Reaktion zeigen.


        eva1 schrieb:
        Da, wie wir ja schon festgestellt haben, die Schildkröten-Männchen in menschlicher Obhut ganzjährig paarungsbereit sind, ist hier das Bedürfnis nach sexuellem Kontakt natürlich ausgeprägter.
        Glaube ich, ehrlich gesagt, nicht. Ich habe seit Wochen keine vollzogene Paarung mehr festgestellt. Ganz gelegentlich balzt mein Mauren-Männchen ein bißchen, sieht irgendwie nach "da war doch noch was" aus. Jedenfalls verfolgt er das Weibchen nur sehr kurz und rammt eher halbherzig, nicht mit der Intensität, die er im Frühjahr und Herbst auf Lager hat...


        eva1 schrieb:
        Haben Schildkröten das Bewusstsein, Nicht-Befriedigung überhaupt als negativen Stress zu erleben?
        Dazu ist weder beim Mensch noch beim Tier Bewußtsein nötig. Das macht der hormonell auf Paarung eingestellte Körper ganz allein. Sonst wäre für jede Fortpflanzung ein (Pflicht-) Bewußtsein nötig...


        Gruß, Editha



        Kommentar


        • #49
          Re: Versuch zur Analyse der Gruppen und Einzelhaltung

          sascha* schrieb:
          Wenn ein Anfänger beginnt, NZ zu pflegen, stellt sich doch eigentlich nicht die Frage nach Gruppen oder Einzelhaltung, jedoch zum späteren Zeitpunkt schon, oder trennst Du bereits bei der Aufzucht?
          Doch, natürlich stellt sich bei der Pflege von NZen die Frage nach Einzel- oder Gruppenhaltung. Wieso denn nicht?
          Und zum zweiten Teil deiner Frage: Wieso Trennung? Wenn ich sie zusammen aufziehe, ist es doch eher eine Zusammenführung.


          Jeder muss für seine Tiere die beste Haltungsform selbst herausfinden
          Ganz deiner Meinung.
          Das bedeutet aber doch, dass du auch gegen das Dogma Gruppenhaltung bist.


          Sollen deiner Meinung nach, Anfänger erstmal nur 1 Tier einer Gattung/Art/Unterart kaufen, und es dabei belassen, oder später weitere Tiere (bei denen das Geschlecht erkennbar ist, die dann aber vergleichsweise deutlich teurer sind) hinzukaufen? - oder gleich zu Beginn mehrere Tiere kaufen, ohne zu Wissen, wieviel Männlein und Weiblein es sind?
          Ja, ich halte es für sinnvoll, am Anfang mit einem Tier zu beginnen und sich erst später weitere hinzuzukaufen.

          Gruß Irmi

          Kommentar


          • #50
            Re: Versuch zur Analyse der Gruppen und Einzelhaltung

            Hallo Eva,

            Wollen sie das, weil sie der Geruch hormonell zu einer Paarung stimmuliert oder wollen sie das, weil sie ohne einander nicht auskommen können? Wie ist das bei den Weibchen?
            Das kann ich Dir nicht beantworten, wenn aber ein männliches Tier unruhig an der Gehegeabgrenzung umherläuft, dann ist da was.

            Da, wie wir ja schon festgestellt haben, die Schildkröten-Männchen in menschlicher Obhut ganzjährig paarungsbereit sind, ist hier das Bedürfnis nach sexuellem Kontakt natürlich ausgeprägter.
            Ich konnte gerade in letzter Zeit hören und lesen, dass viele Männchen in menschlicher Obhut eben nicht ganzjährig paarungsbereit sind, wie du es immer behauptest.

            Ist das bei den Tieren in freier Natur auch so oder gehen sie außerhalb der Paarungszeit eher ignorant miteinander um? Und: was ist mit den Weibchen? Sind die auch ganzjährig an den Männchen interessiert?
            Tatsache ist, dass sich die TIere auch in freier Natur nicht nur im Frühling, Herbst oder einer bestimmten Uhrzeit begegnen, sondern völlig sporadisch, und das hat immer wieder eine Prozedur aufsich, ob dies nur "Beriechen" ist, Rangordnungskämpfe sind, oder eine Verpaarung zu Folge hat, das hängt wohl von Geschlecht und anderen Kriterien ab (wie z.B. wiederholende Begegnung).

            ..

            Hallo Irmi,

            Doch, natürlich stellt sich bei der Pflege von NZen die Frage nach Einzel- oder Gruppenhaltung. Wieso denn nicht?
            Ich hatte es bisher von der Geschlechtsreife abhängig gemacht. Aufgrund meiner Beobachtungen sehe ich bei NZ überhaupt keine Gründe, höre mir aber gerne deine Argumente an.

            Und zum zweiten Teil deiner Frage: Wieso Trennung? Wenn ich sie zusammen aufziehe, ist es doch eher eine Zusammenführung.
            Ok, ich habe es aus einem anderen Blickwinkel gesehen. Wenn ich NZ nach dem Schlupf sofort zusammensetze, ist es in gewisser Weise eine Zusammenführung, aber ab diesem Zeitpunkt werden die Tiere gemeinsam in einer Gruppe aufgezogen, was aber auch durchaus eine spätere Trennung zur Folge haben könnte.

            Das bedeutet aber doch, dass du auch gegen das Dogma Gruppenhaltung bist.
            Ich bin gegen fast jedes Dogma, da ich kein Schwarz-Weiss-Seher bin. Dennoch priorisiere ich nach wie vor die Gruppenhaltung, bin aber jederzeit bereit, die Tiere zu trennen, wenn es sein "m u s s".
            Jedoch muss sich ein Züchter auch entscheiden, ob er Tiere nun einzeln abgibt, oder nur in Gruppen.

            Ja, ich halte es für sinnvoll, am Anfang mit einem Tier zu beginnen und sich erst später weitere hinzuzukaufen.
            Ich hätte mich noch gerne über eine Begründung gefreut.

            Zwar lässt sich Gefangenschaft nicht immer mit freier Natur vergleichen, aber das verstehe ich dann trotzdem nicht ganz. Ein einzelnes Tier in Gefangenschaft halten, hat mit der freien Natur überhaupt nichts mehr zu tun. Prägung und Artgenossenkontakt wurden hier schon erwähnt, ich hoffe Wolfgang Wegehaupt kann sich da nochmals zu Wort melden, würde mich sehr freuen.

            Gruß,
            Sascha

            Kommentar


            • #51
              Re: Re: Versuch zur Analyse der Gruppen und Einzelhaltung

              Hallo Sascha,

              da ich der gleichen Auffassung bin, hier mal mein Senf dazu.

              sascha* schrieb:
              Ja, ich halte es für sinnvoll, am Anfang mit einem Tier zu beginnen und sich erst später weitere hinzuzukaufen.
              Ich hätte mich noch gerne über eine Begründung gefreut.
              Sind wir doch mal ganz ehrlich: die meisten Anfänger "versauen" sich die ersten Tiere (siehe div. Forenbeiträge mit dazugehörigen Bildchen), weil ihnen einfach noch das Gespür für die richtige Feuchtigkeit und die richtige Futtermenge etc. fehlt. Da reicht es doch wirklich, wenn man sich erst einmal ein Tier zum "Üben" holt, wenn dann das richtige Fingerspitzengefühl entwickelt wurde, können immer noch weitere Tiere hinzugenommen werden.

              sascha* schrieb:Zwar lässt sich Gefangenschaft nicht immer mit freier Natur vergleichen
              Gefangenschaft klingt immer so fürchterlich abwertend, auch wenn es bei einigen durchaus zutreffen mag. Menschliche Obhut kann man gar nicht mit der freien Natur vergleichen, denn es gibt genaugenommen keinen Parameter, der mit den Biotopen der Tiere identisch ist. Die gesamte Haltung ist reine Improvisation. Das Futter ist anders, wir brauchen jede Menge Technik, die Sonnenstunden sind geringer, wir simulieren keine Waldbrände und geben auch keine Fressfeinde in die Gehege, sogar die Oxyuren sind anders als die der wildlebenden Tiere.

              Gruss
              Hellmut



              Kommentar


              • #52
                Re: Versuch zur Analyse der Gruppen und Einzelhaltung

                Hallo Hellmut,

                Sind wir doch mal ganz ehrlich: die meisten Anfänger "versauen" sich die ersten Tiere (siehe div. Forenbeiträge mit dazugehörigen Bildchen), weil ihnen einfach noch das Gespür für die richtige Feuchtigkeit und die richtige Futtermenge etc. fehlt. Da reicht es doch wirklich, wenn man sich erst einmal ein Tier zum "Üben" holt, wenn dann das richtige Fingerspitzengefühl entwickelt wurde, können immer noch weitere Tiere hinzugenommen werden.
                Naja, es wäre eine Utopie, anzunnehmen, dass sich die meisten "erst" informieren, und dann das Tier erwerben. Dennoch ist es aber so, dass wenn ein Züchter seine Tiere verkauft, dass er grundsätzlich auch alles losbekommt, wenn er das denn so will. Ob also zwei Tiere nun in eine schlechte Hand fallen, oder in zwei schlechte Hände, wo ist da der Unterschied? - es gibt sowieso keine Gewissheit, ob jemals ein entsprechendes Fingerspitzengefühl entwickelt wird.

                Wiederum ist aber auch so, dass einige Arten ein paar Fehler mehr einstecken können, wie andere, oder dass manche Pfleglinge nicht ganz so heikel sind.

                Man muss sich auch mal vor Augen halten, wo die Anfänger, mit den "versauten" Tierchen, diese erworben haben. Ich meine es sind oft Zooläden, oder Fundtiere gewesen. Die Chance auf eine gute Haltung, sind bei einem Züchter, der die Käufer ins Gebet nimmt, entsprechend höher. Aber Foren und Co. sind sowieso nicht repräsentativ, und die Dunkelziffer ist womöglich erschreckend.

                Gefangenschaft klingt immer so fürchterlich abwertend, auch wenn es bei einigen durchaus zutreffen mag. Menschliche Obhut kann man gar nicht mit der freien Natur vergleichen, denn es gibt genaugenommen keinen Parameter, der mit den Biotopen der Tiere identisch ist. Die gesamte Haltung ist reine Improvisation. Das Futter ist anders, wir brauchen jede Menge Technik, die Sonnenstunden sind geringer, wir simulieren keine Waldbrände und geben auch keine Fressfeinde in die Gehege, sogar die Oxyuren sind anders als die der wildlebenden Tiere.
                Dennoch zeigt sich ein gewisses Verhaltensspektrum, dass sich vergleichen lässt.

                Gruß,
                Sascha

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                • #53
                  Re: Re: Versuch zur Analyse der Gruppen und Einzelhaltung

                  sascha* schrieb:

                  Hallo Irmi,

                  Ich hätte mich noch gerne über eine Begründung gefreut.
                  Die Begründung:
                  Ich züchte einige Arten, die nur ein Ei legen, da hab ich schon gar keine Wahl, als die Kleinen einzeln groß zu ziehen. Und da sie sehr stressempfindlich sind, ist es auch unmöglich, ein später geschlüpftes Jungtier zu einem älteren hinzuzusetzen. Das erfordert viel Platz und so bin ich natürlich bemüht, meine graecas z.B. gemeinsam zu halten. Leider ist das höchstens ein halbes Jahr lang möglich, spätestens nach dem Winterschlaf fange ich auch hier an zu separieren, nicht alle, aber einige. Ich mache immer wieder die Erfahrung, dass es Kleine gibt, die mickern, die sofort vom Fressen weggehen, wenn ein anderes kommt, die schon nach einiger Zeit deutlich kleiner bleiben. Setzte ich diese dann einzeln, holen sie schnell auf und sind bald genauso weit wie ihre Geschwister. Solche Tiere sind in meinen Augen besser allein groß zu ziehen, zumindest ein bis zwei Jahre.

                  Bei Anfängern, die mehrere Schildkröten kaufen, habe ich immer die Angst, dass sie, wenn es nötig wird, keine Möglichkeit haben, die Tiere zu trennen. Lieber werden dann Probleme übersehen, an andere Ursachen gedacht. Wenn sie aber erst mit einer anfangen, brauchen sie bei weiteren zumindest ein Quarantänegehege und damit ist die Trennungsmöglichkeit gegeben. Ich hoffe, dass sie, wenn sie sich diese Mühe machen und bewusst später noch Tiere hinzukaufen, dann wirklich Interesse an der Schildkrötenhaltung haben und dass sie dann mit viel größerer Sicherheit verantwortungsbewusste Halter werden.

                  Gruß Irmi

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                  • #54
                    Re: Re: Re: Versuch zur Analyse der Gruppen und Einzelhaltung

                    Hellmut Beck schrieb:
                    erst einmal ein Tier zum Üben
                    Hallo Hellmut,

                    weil ich zumindest unter guten Bedingungen die Gruppenhaltung bevorzuge, lagen meine Gründe gegen das Unterschreiben der Petition nicht mal beim Tierschutz, sondern beim "Artenschutz" (Anführungszeichen! ). Mir war durch die Quarantäneproblematik und durch das daraus im Normalhalterfall logischerweise folgende Dann-nehm-ich-doch-gleich-zwei-Schluepflinge-von-einem-Züchter-Verhalten die Gefahr stark zunehmender Inzucht und häufiger Tierabgaben zu groß. Nur etwa ein Viertel der möglichen Geschlechtsverhältnisse wäre unproblematisch, nämlich wenn beide Schlüpflinge Weibchen sind. Bei zwei Männchen muß eventuell eines abgegeben werden. Und solch eine Wegwerfmentalität (Von vorneherein einkalkuliertes "Paßt nicht, weg damit!") im Bereich Haustier muß man Kindern gar nicht erst angewöhnen. Und für Kinder werden nun mal Tiere häufig angeschafft. Haben wir dagegen unterschiedliche Geschlechter, wird mit ziemlicher Sicherheit der Wunsch kommen, die Eier auch mal auszubrüten. Inzucht... Und die halte ich für die Haustiertestudo wegen fehlender genetischer Auffrischung durch Wildtiere für wesentlich schlimmer als evtl. verkorkste Einzeltiere (im doppelten Wordsinne).


                    Kleines Schmankerl für Trennköstler:
                    http://www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi?cmd=Retrieve&db=pubmed&dopt=Abstract&list_uids=15 139305&query_hl=1


                    Gefangenschaftshaltung klingt zwar blöd, ist aber in meinen Augen ehrlicher und auch pädagogisch wertvoll. Mein Hund könnte sich vom Acker machen, bei den Schildkröten verhindere ich das, muß mir also besondere Mühe geben, denn offensichtliche Anzeichen "Büxt aus" fehlen...


                    Gruß, Editha




                    [[ggg]Editiert von Kacchua am 30-06-2005 um 11:33 GMT[/ggg]]

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                    • #55
                      Re: Versuch zur Analyse der Gruppen und Einzelhaltung

                      Liebe Eva,
                      Du schreibst immer sehr überzeugend, lässt aber gern wichtige Details weg. Du scheinst zwar die mittlerweile auch schon 9 Jahre alte Neuauflage des Immelmann-Buches von 1996 zu haben, das Werk als solches ist jedoch über 30 Jahre alt und die von dir zitierten Auszüge zur Prägung standen so bereits in der Erstausgabe. Immelmann hatte auch überhaupt nichts mit Schildkröten zu tun sondern beschäftigte sich vorwiegend mit dem lieben Federvieh.
                      Ich denke nicht, dass man Schildkröten mit Vögeln vergleichen sollte.
                      Momentan gibt es leider keine aktuelle Darstellung der Verhaltensforschung. Vielleicht bringt jedoch das demnächst erscheinende neu überarbeitete Standartwerk „Verhaltensbiologie“ von Kappeler neue Erkenntnisse.
                      Zwischen der theoretischen Verhaltensbiologie und den praktischen Beobachtungen bestehen ohnehin große Differenzen.
                      Natürlich sind auch den Schildkröten von der Mutter Natur bestimmte Schlüsselreize, z.B. die Form eines Artgenossen mitgegeben worden, damit die Schildkröten jedoch nicht alles zu paaren versuchen, was im weitesten Sinne wie eine Schildkröte aussieht, brauchen die kleinen Schildkröten den Erstkontakt zu ihresgleichen.
                      Eine in der Natur aufgewachsene männliche Schildkröte paart weder herumliegende Plastikschildkröten, da kann ich wirklich nur lachen, noch Steine. So was glaubst du doch nicht wirklich.
                      Die Tiere haben einen ausgeprägten Geruchssinn und interessieren sich zu Paarungszwecken nur für ihre weiblichen Artgenossen.
                      Ich habe gerade auf dem Workshop in Gießen eine schöne Steinschildkröte geschenkt bekommen und werde versuchen bis zum September noch eine aus Plastik aufzutreiben, vielleicht hat ja jemand eine für mich übrig. Die Zwei werde ich dann in Sardinien in einem Habitat aussetzen und das Geschehen an der Sonne liegend beobachten. Das ist sicher weniger arbeitsintensiv als fotografieren, messen, wiegen, Blut-, Gewebe- oder Kotproben zu nehmen, obendrein auch noch lustig und besonders für mich absolut stressfrei.

                      Schöne Grüße vom regnerischen Bodensee
                      Wolfgang Wegehaupt
                      www.testudo-farm.de

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                      • #56
                        Re: Versuch zur Analyse der Gruppen und Einzelhaltung

                        Hallo Wolfgang

                        WolfgangW schrieb:
                        Du scheinst zwar die mittlerweile auch schon 9 Jahre alte Neuauflage des Immelmann-Buches von 1996 zu haben, das Werk als solches ist jedoch über 30 Jahre alt und die von dir zitierten Auszüge zur Prägung standen so bereits in der Erstausgabe.
                        Das Buch ist in dieser Zeit mehrfach überarbeitet und neu aufgelegt worden und, wie Du selbst feststellst, hat sich an der Prägungsdefinition nichts geändert.

                        Du hast aber bei meinem Zitat aus Immelmann et al. eines überlesen:

                        Zitat Seite 142:
                        "Manche Autoren sehen sie (die Prägung) als einen besonderen Lernvorgang an, der sich von anderen Lernprozessen mehr oder minder grundsätzlich unterscheidet, während andere ihr keinen Sonderstatus zuerkennen und sie der Konditionierung im weiteren Sinne zuordnen. Schließlich spricht einiges dafür, daß es sich nicht einmal um eine einheitliche Erscheinung handelt und daß die Besonderheiten auch nicht im Bereich der Informationsaufnahme zu suchen sind." Zitat Ende.

                        Hier wird also in Frage gestellt, ob es überhaupt eine Prägung im klassischen Sinne gibt und erwähnt, daß die Prägung, wenn es sie denn gibt, evtl. gar nicht mit einer Informationsaufnahme zu tun haben müssen.
                        Wie kannst Du dann bei einer Tierart, die Du selbst als Einzelgänger bezeichnest, davon ausgehen, daß sich ausgerechnet die Jungtiere zu einer Prägung auf die eigene Art benötigen würden?
                        Dazu auch nochmal meine Frage: Was macht eine Schildkrötenart, die aufgrund ihrer Verbreitungsdichte, Lebensumstände und Reproduktionsrate ganz sicher nur sehr selten auf Gleichartige treffen würde?
                        Z. B. was macht T. horsfieldii bei Gelegen von 3 - 5 Eiern oder gar Psammobates mit einer Populationsdichte von wenigen Exemplaren auf vielen Quadratkilometern und mit nur 1 Ei pro Gelege? Diese Schildkröten könnten sich nie fortpflanzen, wenn sie auf eine Prägung im juvenilen Alter angewiesen wären.

                        Wie Du selbst auf Deiner Homepage sehr schön beschreibst, sind die heutigen europäischen SK-Biotope nicht mehr die, wie sie sie noch von wenigen hundert Jahren waren. Durch Rodung, Wiederaufforstung mit Monokulturen und Ackerbau sind die Biotope verändert und damit die Bevölkerungsdichte der SK komprimiert worden. Glaubst Du, daß sich (in Relation zum jahrmillionen langen Bestehen der SK als solches) in dieser vergleichsweise kurzen Zeit die arttypische Verhaltensbiologie der Schildkröten so gravierend angepasst hat/anpassen konnte? Warum sollte sie sich in dieser Art anpassen? Weil die SK einen bestimmten Schlüsselreiz (Torbogenreflex) nicht mehr nötig haben? Die Natur wäre dämlich, wenn sie auf einen so elementaren, arterhaltenden Schlüsselreiz verzichten und ihn durch die Notwendigkeit einer komplizierten Prägephase ersetzen würde. Das hat sie nur bei in sozialen Rudeln lebenden Tierarten so geregelt, wo sichergestellt ist, daß die Tiere auf engem Raum miteinnander leben. Hier stellt das Zusammenleben der Jungtiere mit den Eltern und die "Prägung" während der Brutpflege den späteren Arterhalt sicher. Du wirst aber bestimmt nicht behaupten wollen, daß Schildkröten brutpflegend sind, oder doch?

                        Sicher beschäftigten sich Immelmann et al. viel mit Vögeln, aber genauso mit Säugetieren. Ihre Erkenntnisse, die auf die Arbeiten von Konrad Lorenz und Eibel-Eibelsfeld aufbauen, sind jedoch als generell gültige Definitionen anzusehen. Und wo gibt es praktischere Erstellungsmethoden als in der Verhaltenskunde? Alle diese Erkenntnisse sind mittels Verhaltensbeobachtungen erstellt. Ich denke, Du solltest Dir das Buch zulegen, es lesen und richtig interpretieren, bevor Du solche Mutmaßungen anstellst.

                        Natürlich sind auch den Schildkröten von der Mutter Natur bestimmte Schlüsselreize, z.B. die Form eines Artgenossen mitgegeben worden, damit die Schildkröten jedoch nicht alles zu paaren versuchen, was im weitesten Sinne wie eine Schildkröte aussieht, brauchen die kleinen Schildkröten den Erstkontakt zu ihresgleichen.
                        Du reduzierst also den nötigen Kontakt der Jungschildkröten mittlerweile darauf, daß die adulten Schildkröten später sonst nicht wüssten, mit wem sie sich paaren sollten. Interessant.
                        Wann sollten sie diesen Kontakt brauchen?
                        In welchem Alter?
                        In welcher "Entwicklungsphase"?

                        Wäre schön, wenn Du uns Deine Ansicht dazu mitteilst, statt einfachheitshalber ein Standardwerk als ungültig zu erklären.

                        Eine in der Natur aufgewachsene männliche Schildkröte paart weder herumliegende Plastikschildkröten, da kann ich wirklich nur lachen, noch Steine. So was glaubst du doch nicht wirklich.
                        Ich hätte es auch nicht angenommen, wenn ich nicht wüsste, daß es dazu eigens eine Untersuchung gab, die das belegt. Und daß die SK-Männchen auch in freier Natur Steine paaren, hat ja Beate schon hinreichend dargelegt. Das scheinst Du aber ignorieren zu wollen. Warum?
                        Ein Stier nimmt ja auch die Metallbox statt der Kuh, weil ihm der Schlüsselreiz "Torbogenreflex" angeboren ist. Er paart alles, was die Form einer Kuh von hinten hat. Das ist bei Schildkröten nicht anders. Wie sonst wüsste ein SK-Männchen, das 15 Jahre lang alleine gehalten wurde, wen und wie es paaren soll? Der kann das auch ohne Lehrgang. Wetten?

                        Die Zwei werde ich dann in Sardinien in einem Habitat aussetzen und das Geschehen an der Sonne liegend beobachten.
                        Prima, dann schreib uns doch mal das Ergebnis!

                        Schöne Grüße

                        Eva

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                        • #57
                          Re: Versuch zur Analyse der Gruppen und Einzelhaltung

                          Liebe Eva,

                          ich denke, dass man äußerst vorsichtig damit sein sollte Warmblütler, also Säugetiere und Vögel mit Reptilien, also unseren Schildkröten zu vergleichen.
                          Dieser Fehler ist in der Vergangenheit auch in der Tiermedizin gemacht worden. Nicht von ungefähr wurden die Schildkröten früher alle falsch behandelt. Ich denke da nur an die beliebte Aufbauspritze oder die Injektionen in die Hinterbeine.
                          Leider behandeln ja auch heute noch viele Tierärzte nach dem Vorbild der Säuger und Vögel.
                          Darum verstehe ich wirklich nicht, warum du nicht aufhörst den „Vogelspezialisten“ Immelmann ständig in Verbindung mit Schildkröten zu zitieren. Immelmann kannte sich mit Schildkröten nicht aus, weil er selbst keine hielt und auch keine Verhaltensforschungen mit Schildkröten betrieb.

                          Dein Beispiel mit dem Stier gefällt mir in zweierlei Hinsicht sehrgut:

                          1. weil man hier durchaus Vergleiche zu den Schildkröten anstellen kann. Richtig ist, dass auch einem Rinderbullen von der Mutter Natur die Form eines Kuhhinterteiles als Schlüsselreiz mitgegeben wurde. Das alleine ist jedoch auch beim Bullen nicht ausreichend, sonst würde er ja auf alles aufspringen was halbwegs einem Kuhhinterteil ähnelt. (Musste gerade lachen, schreib aber nicht warum)
                          Damit ein Bulle auf ein Phantom aufspringt bedarf es zusätzlich zu diesem angeborenen Reiz einer Konditionierung, hierfür werden verschiedene Möglichkeiten angewandt.
                          Die einfachste ist, zunächst eine brünftige Kuh vor dem Bullen in der Besamungsanlage um das Phantom herum zu führen. Schließlich wird der Bulle dazu bewegt auf das Phantom aufzuspringen. Es werden auch Duftstoffe von brünftigen Kühen als Reizauslöser eingesetzt.
                          Ohne diese Konditionierung läuft auch beim Bullen nichts. Natürlich gibt es Bullen, die nach dieser Konditionierung völlig von alleine auf das Phantom aufspringen und ihre „Pflicht“ erfüllen. Auch eine Art Prägung.

                          2. weil es ein typisches Beispiel für deine Argumentationen ist. Du lässt gern solche elementaren Zusammenhänge weg und schreibst nur das was dir gerade zum Thema passt.

                          Genauso ist das mit dem Begriff Einzelgänger. Dieser Begriff kommt übrigens nicht von mir, er hat sich halt so eingebürgert.
                          Du schreibst nur immer ich würde Schildkröten auch als Einzelgänger bezeichnen, schreibst aber nie dazu, dass ich im Zusammenhang mit dem Begriff Einzelgänger immer zum Ausdruck bringe, dass das nicht notwendigerweise auch heißen muss, die Tiere einzeln zu halten.
                          Meine Meinung hierzu kann jeder auf meiner Homepage nachlesen, weshalb ich hier nicht näher darauf eingehe.

                          Zur Beobachtung von Beate kann ich nichts sagen, die näheren Umstände kenne ich nicht.

                          Gerne wüsste ich aber wer das untersucht hat, dass Schildkröten auch in der Natur ausgelegte Plastikschildkröten „paaren“. Würde mich gerne mit den Leuten unterhalten. Womöglich wurden die Plastiktiere speziell präpariert und an einer Schnur langsam durchs Gelände gezogen.

                          Ich hoffe sehr, dass ich mich mit dem Hinweis, dass meine Ansicht zu diesem Thema auf meiner Homepage nachzulesen ist, aus diesem Tread verabschieden kann. Nicht das es noch eine unendliche Geschichte zwischen Eva und Wolfgang wird.

                          Schönen Gruß vom Bodensee, an dem die Regenwolken die Sonne wieder vertrieben haben.

                          Wolfgang Wegehaupt
                          www.testudo-farm.de

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                          • #58
                            Re: Re: Versuch zur Analyse der Gruppen und Einzelhaltung

                            WolfgangW schrieb:
                            Nicht das es noch eine unendliche Geschichte zwischen Eva und Wolfgang wird.
                            Wenn ich auch mitspielen darf, wären wir immerhin zu dritt...

                            Ich gehöre nämlich ehrlich gesagt auch eher zu den Skeptikern, was die Prägung sexueller Vorlieben bei Schildkröten angeht, habe mich aber noch nicht wirklich näher mit dem Thema befaßt, nur so theoretische Gedanken meinerseits. Eines will nämlich übergaupt nicht passen. Welchen Vorteil für die Fortpflanzung sollte eine zusätzliche Prägung der Schildkrötenmännchen bringen, wenn die Erkennung des Geschlechtspartners ohnehin schon angeboren ist? Und wie und wann genau soll die Prägung stattfinden? Entweder die Männchen wissen von vorneherein was, wie und mit wem sie es tun sollen oder sie schaffen es nie. Denn wenn sie nicht in der Sekunde des Schlüpfens durch die Gelegegeschwister auf die eigene Art geprägt werden, haben sie längst Steine gesehen, bevor sie die nächste Schildkröte sehen. Also müssen sie Schildkröten von Steinen unterscheiden können. Wozu dann noch eine Prägung? Gerhard W. nannte es einmal "Finetuning", aber ich kann den Bedarf dafür nicht sehen. Wie sollte sich die Anlage zum Finetuning im Erbmaterial manifestieren? Das geht doch nur, wenn sie einen Vorteil verschafft. Ist der fein abgestimmte Schildkröterich schneller beim Weibchen als der ungeprägte, weil er sich nicht von einem Stein ablenken läßt? Man könnte "Stein" auch durch "andere Schildkrötenart" ersetzen, aber das ändert nichts. Gibt es im Habitat der Tiere andere Schildkrötenarten, können diese auch dem noch ungeprägten Schlüpfling über den Weg laufen. Er würde fehlgeprägt. Erkennt bereits das Jungtier den Fehler, wäre wiederum keine Prägung nötig...

                            Worin siehst du den Evolutionsvorteil einer Prägung?


                            Gruß, Editha

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                            • #59
                              Re: Re: Re: Versuch zur Analyse der Gruppen und Einzelhaltung

                              Hallo Editha
                              Eine Prägung findet nicht an einem Tag statt, deshalb sitzen Schlüpflinge auch in der ersten Zeit (Jahre) zusammen.
                              Setzt man einen Thb Schlüpfling mit einem Tgi Schlüpfling mehrere Jahre zusammen, werden diese Tiere ihr Leben lang auf die andere Art geprägt sein.
                              Lebt der Schlüpfling alleine, kann es sein daß er Steine seinen Artgenossen vorzieht.
                              Viele Grüße
                              Sabine
                              http://www.schilditreff.de
                              http://www.pflanzenbestimmung.de

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                              • #60
                                Re: Versuch zur Analyse der Gruppen und Einzelhaltung

                                Hallo Wolfgang

                                WolfgangW schrieb:
                                ich denke, dass man äußerst vorsichtig damit sein sollte Warmblütler, also Säugetiere und Vögel mit Reptilien, also unseren Schildkröten zu vergleichen.
                                In dem Punkt muß ich Dir recht geben, allerdings: Immelmann et al. erarbeiteten, wie schon ihre Vorgänger, die Grundregeln der Verhaltenskunde zwar an Vögeln und Säugern, aber ihre Definitionen haben sie so aufgestellt, daß sie Algemeingültigkeit haben. Das bedeutet also, daß z. B. die Verhaltensbiologie eines gruppenlebenden Tieres nach diesen Regeln zugeordnet wird. Demnach auch, ob und wann es im Tierreich eine Prägung gibt und wann nicht.
                                Wie ich ja vorher schon gefragt hatte: warum sollte eine Prägung auf die eigene Art für eine Schildkröte sinnvoll sein, wenn eine Vermehrung aufgrund ihrer speziellen Lebensweise einfacher und sicherer funktioniert, indem die Natur ihr einfach die nötigen Schlüsselreize dazu mitgibt, zumal die SKs ja keine Brutpflege betreiben?

                                Dieser Fehler ist in der Vergangenheit auch in der Tiermedizin gemacht worden. Nicht von ungefähr wurden die Schildkröten früher alle falsch behandelt. Ich denke da nur an die beliebte Aufbauspritze oder die Injektionen in die Hinterbeine.
                                Daß das ein sehr schlechter Vergleich ist, weißt Du sicher selbst, denn physiologische Unterschiede zwischen den Tierarten und die Grunddefinition, wann eine Tierart z. B. als brutpflegend oder gruppenlebend gilt und wann nicht, das sind einfach 2 Paar Stiefel.


                                Richtig ist, dass auch einem Rinderbullen von der Mutter Natur die Form eines Kuhhinterteiles als Schlüsselreiz mitgegeben wurde.
                                Ganz genau. Dies ist das sogenannte Torbogenschema, auf das der Stier anspricht.

                                Das alleine ist jedoch auch beim Bullen nicht ausreichend, sonst würde er ja auf alles aufspringen was halbwegs einem Kuhhinterteil ähnelt.
                                Du wirst noch einmal lachen, denn das macht er tatsächlich!
                                Ich habe dazu extra einen Fachtierarzt für Rinder befragt und google bemüht, wo mir dies bestätigt wurde. Ein Stier braucht weder Duftstoffe noch andere Lockmittel, auch keine brünftige Kuh. Wenn der Schlüsselreiz "Kuhhinterteil" = "Torbogen" sein angeborenes Schema anspricht, dann springt er reflexartig auf, egal auf was.
                                Die Stiere werden in der Besamungsanlage nur deshalb gelegentlich hinter einer Kuh hergeführt, weil sie nach z. B. einem längeren Transport sonst nicht gleich zur Sache kommen würden oder weil sie bereits das 5. Mal am Tag ihre Pflicht erfüllen müssen. Für 1 Paarung braucht ein Stier keinerlei Hilfsmittel, die Hinterteil-Attrappe genügt.

                                2. weil es ein typisches Beispiel für deine Argumentationen ist. Du lässt gern solche elementaren Zusammenhänge weg und schreibst nur das was dir gerade zum Thema passt.
                                Was sich hiermit erübrigt hat.


                                Du schreibst nur immer ich würde Schildkröten auch als Einzelgänger bezeichnen, schreibst aber nie dazu, dass ich im Zusammenhang mit dem Begriff Einzelgänger immer zum Ausdruck bringe, dass das nicht notwendigerweise auch heißen muss, die Tiere einzeln zu halten.
                                Hier scheint wohl ein Mißverständnis vorzuliegen. Auch ich habe nie davon geschrieben, daß man Europäische Landschildkröten einzeln halten _müsste_. Ich will aber darlegen, daß sie auch einzeln gehalten werden _können_ oder es in vielen Fällen für sie sogar besser ist, weil sie sich wirklich zu nichts brauchen.
                                Sie brauchen sich nicht zur Arbeitsteilung, nicht zum Futtersammeln, nicht zur Brutpflege, nicht zu einer Prägung auf die eigene Art, nicht zur gemeinsamen Revierverteidigung, einfach zu nichts. Grundprinzip ist aber, daß die Natur immer abwägt, was sinnvoller ist: Gruppenleben oder Einzelgängerdasein, da natürlich das Gruppenleben auch seine negativen Seiten hat: die Konkurenz (Futter, Sexualpartner, etc.) und dadurch auch verbunden ist mit dem Auftreten einer häufigeren Aggression untereinander, das Risiko von Verletzungen durch Konkurenzkämpfe und einer schnelleren Ausbreitung von Krankheiten. Also leben laut Immelmann et al. nur die Tierarten willentlich (bewusst oder unbewusst spielt dabei keine Rolle) in einer festgefügten oder mehr oder weniger losen oder auch zeitbegrenzten Gruppe, wo der _Vorteil_ der gemeinsamen Aufgabenerfüllung die _Nachteile_ der erhöhten Aggression und der leichteren Krankheitsverbreitung entschieden überwiegt, zumal im zweiteren Fall auch das Immunsystem stärker beansprucht wird. Da Schildkröten aber bekanntlich hauptsächlich mit dem innaten (unspezifischen, "einfacher" oder "gröber" arbeitenden) Immunsystem Krankheiten abwehren, wäre für sie in freier Natur ein dauerhaftes Leben in einer Gruppe ein entscheidender Nachteil, der durch nichts Positives aufgewogen wird.

                                Sie brauchen sich also nicht, oder sogar im Gegenteil: man kann sehr häufig gerade bei kleineren SK-Gruppen beobachten, daß bei z. B. zwei oder drei gleichaltrigen Tieren ein dominantes Tier schneller wächst und sich einem oder mehreren devoten Tieren regelrecht aufdrängt, bis hin zum ständigen Aufsteigen, was ich als extremen Stress für die devoten Tiere ansehe. Selbst bei größeren Jungtiergruppen kann man oft ein "Mickerle" beobachten, das einfach nicht richtig zum Zuge kommt und langsamer wächst (das hatte Irmi oben schon sehr schön über ihre graecas beschrieben), verstärkt Parasiten hat, usw. Wenn sich die jungen Schildkröten aber brauchen würden, dann dürfte es dieses Phänomen der Konkurenz in dem Maße doch gar nicht geben.

                                Gerne wüsste ich aber wer das untersucht hat, dass Schildkröten auch in der Natur ausgelegte Plastikschildkröten „paaren“. Würde mich gerne mit den Leuten unterhalten. Womöglich wurden die Plastiktiere speziell präpariert und an einer Schnur langsam durchs Gelände gezogen.
                                Sobald derjenige aus dem Urlaub zurück ist, der die Arbeit zuhause liegen hat, dann werde ich den Autor und den Titel nennen. Indianerehrenwort.
                                Aber eines ist sicher: hier wurden keine präparierten Plastikschildkröten an einer Schnur durchs Gelände gezogen. Würde auch keinen Sinn machen, denn dann müsste ja der Schlüsselreiz "Schildkröte als Beute" erfüllt werden.

                                Ich hoffe sehr, dass ich mich mit dem Hinweis, dass meine Ansicht zu diesem Thema auf meiner Homepage nachzulesen ist, aus diesem Tread verabschieden kann.
                                Das würde ich sehr schade finden, denn jetzt, wo Editha auch noch mitspielt, kämen wir als Trio vielleicht noch auf interessantere Dinge, als wir beide im Duett.

                                Auf die Beantwortung von Edithas Fragen bin ich schon sehr gespannt. Auf die Antworten zu meinen ebenfalls ;-)

                                Schöne Grüße

                                Eva

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