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Kindchenschema

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  • Kindchenschema

    Was mir gerade so aufgefallen und ich mir in erster Minute nicht erklären kann.
    Wieso lässt sich bei vielen juvenilen Reptilien inkl. Schildkröten und zum Teil auch bei Amphibien ein Kindchenschema feststellen, obwohl sie vom ersten Tag an selbständig aufwachsen. Das Kindchenschema löst ja bei adulten Tieren ja keinen Schlüsselreiz aus, worin besteht also der Sinn?

    Nicht fragen, wie ich auf solche Fragen komme, ich muss ja auch schon lachen, aber mal im ernst, ist dieses Phänomen nicht sonderbar? Oder lässt sich das so erklären, dass das Kindchenschema schon seit langer Zeit in der Phylogenese vorhanden ist und erst später in der Evolution bei höher entwickelten Lebewesen zum Schlüsselreiz wurde? *grins*
    So, jetzt dürft Ihr weiterphilosophieren.

  • #2
    Re: Kindchenschema

    Hallo,
    haben Schildkröten denn ein ausgeprägtes Kindchenschema? Vielleicht hab ich da noch nicht genug gesehen, aber mir erschienen sie in erster Linie winzig klein, und daher süß, aber dieses übertrieben Kindchenscheme, wie z.B. bei einem Golden-Retriever-Welpen (riesige Knopfaugen, Runden Kopf, und gaaaaaanz furchtbar knuddelig flauschig) -- nee das ist mir bei einer kleinen Schildkröte noch nicht aufgefallen. Ich finde die eigentlich nur faszinierend winzig.
    Da haben die Platy-Babys in meinem Aquarium mehr "Kindchenschma" - die bestehen ja praktisch nur aus runden Knopfaugen - hilft aber auch nix, werden trotzdem von Mama und Papa aufgefressen ;-)
    Gruß Sarina

    [[ggg]Editiert von Sarina am 07-01-2006 um 22:23 GMT[/ggg]]

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    • #3
      Re: Kindchenschema

      Da hast Du natürlich recht, es gibt sicher viele Tierarten, wo das Kindchenschema deutlich stärker ausgeprägt ist, als bei Reptilien, aber es lässt sich durchaus ein Kindchenschema feststellen, gerade bei sehr jungen Tieren. Sinn macht es aber keinen, wenn der Varanus komodoensis oder der Platy Papa die Jungen zum anbeißen süß findet und sie daraufhin auffrisst. In der Biologie lässt sich das meiste ja irgendwie erklären, aber dieser Sachverhalt ist wirklich völlig unlogisch.


      [[ggg]Editiert von bergfloh am 07-01-2006 um 22:54 GMT[/ggg]]

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      • #4
        Re: Kindchenschema

        bergfloh schrieb:
        Oder lässt sich das so erklären, dass das Kindchenschema schon seit langer Zeit in der Phylogenese vorhanden ist und erst später in der Evolution bei höher entwickelten Lebewesen zum Schlüsselreiz wurde?
        Hallo,
        Ich denke so ähnlich ist es. Nur muss das sogenannte "Kindchenschema" nicht erst irgendwie in der Phylogenese angelegt werden, es entsteht aus purer biologischer Praktikabilität, welche auch für Reptilien gilt: Jungtiere kommen normalerweise mit erheblich weniger Masse als Adulte zur Welt. Oft haben sie jedoch eine ähnliche Lebensweise. Daher müssen Ihre sensorischen und neurologischen Fähigkeiten denen der Alten schon beim Schlupf stark ähneln, sonst könnten sie diese Lebensweise nicht ausüben. Die Körperkraft hingegen kann sich meist viel mehr unterscheiden. Deshalb verteilt sich die zur Verfügung stehende Körpermasse mehr auf Sinnesorgane und Nervensystem als auf den restlichen Körper in Relation zu den Alten: Die Tiere haben große Köpfe und Augen. Um den Platz im Ei oder im Muttertier optimal auszunutzen muss das Jungtier außerdem möglichst "kugelig" sein: Falten, Kämme, Hörner etc. entwickeln sich erst später.
        mfG
        Benjamin christ

        Kommentar


        • #5
          Re: Kindchenschema

          Hallo Benjamin!

          Das klingt in der Tat sehr logisch und schlüssig. Gestern erhielt ich auch eine Mail zu dem Thema, in der eine ähnliche Vermutung angeführt wurde: Sinnesorgane und Kopf als Steuerorgan müssen anfangs weiter ausgebildet sein und sind dadurch verhältnismäßig größer, als der unwichtigere Rest. Das Kindchenschema als eigentlich neutrale Sache wurde erst bei brutpflegenden Arten zum Schlüsselreiz, was wiederum die Auslese in diese Richtung verstärkte.

          Und da der Schlüsselreiz "Kindchenschema" bei niederen Wirbeltieren noch nicht vorhanden ist, also kein Schutzempfinden besteht, passen die Jungtiere vermutlich auch schon mal ins Beuteschema der Adultis und werden hopplahop als Snack vernascht. Wir wünschen einen guten Appetit. ;-)

          Kommentar


          • #6
            Re: Kindchenschema

            Hallo
            Ich kann bei Reptilien immernoch kein Kindchenschema feststellen,
            am ehesten noch, wie Benjamin,
            - das einfach bestimmte (markante) Merkmale noch nicht sonderlich stark ausgeprägt sind, weil sie in einem noch nicht geschlechtsreifen Alter noch nicht gebraucht werden,
            - das aus Gründen der Tarnung eine bestimmte Färbung eingenommen wird
            - wie bei Säugetieren auch, der Kopf im Vergleich zum Körper etwas größer ist, da überlebenswichtige Sinne bereits bei Jungtieren voll ausgebildet sind, und "mehr Platz" brauchen. Das würde ich aber nicht als Kindchenschema bezeichnen, das dazu dient bei andereren Gruppenmitlgiedern einen schlüsselreiz auszulösen, sondern ist wohl ganz einfach dadurch bedingt, dass gewisse Fähigkeiten (Sehen, Hören, Gehirn,..) breits bei Jungtieren voll ausgebildet sein müssen, wogegen Größe und Muskelmasse das einfach noch nicht ist.
            Bei sozial lebenden Säugetieren, ist diese Erscheinung einfach noch künstlich verstärkt.

            Also ich sehe immernoch kein Kindchenschema bei Schildkröten, von daher erübrigt sich die Frage, wozu es gut sein soll.

            @ bergfloh: Welche Merkmale bei jungen Landschildkröten meinst du genau mit "Kindchenschema"?

            Gruß Sarina

            Kommentar


            • #7
              Re: Kindchenschema

              @Sarina

              Das Kindchenschema von Konrad Lorenz wird beim Menschen durch folgende Merkmale angesprochen:
              - großer Kopf
              - runde Stirn
              - große Augen
              - kurze Schnauze
              - kurze Extremitäten
              - rundlicher Körper, Formen und Proportionen
              - unbeholfene Bewegungen

              Je mehr dieser Schlüsselreize vorhanden sind, desto leichter wird der Pflegeinstinkt ausgelöst.

              Vergleiche einfach mal ein paar Bilder. Obwohl man die Größe der Tiere auf Fotos nicht immer gleich abschätzen kannst, erkennt man trotzdem sofort - auch bedingt durch das Kindchenschema -, ob es sich um ein Jungtier/Schlüpfling handelt oder nicht.

              Junge Schildkröten, insbesondere Schlüpflinge haben im Vergleich zu adulten Tieren einen
              - größerer Kopf im Verhältnis zu Ihrem Körper
              - größere Augen
              - rundlichere Formen (vergleiche bspw. den Kopf) und Proportionen (Schlüpflinge sind wie eine Kugel)
              - wirken insgesamt etwas unbeholfener

              Viele Menschen sagen dann sofort: "oh wie süß". Und nach 2-3 Jahren können sie dem gleichen Tier, obwohl es nur ein paar Zentimeter größer ist, schon nichts mehr abgewinnen. Vermutlich zurückzuführen auf das Kindchenschema.


              [[ggg]Editiert von bergfloh am 08-01-2006 um 11:58 GMT[/ggg]]

              Kommentar


              • #8
                Re: Re: Kindchenschema

                bergfloh schrieb:
                Das Kindchenschema von Konrad Lorenz wird beim Menschen durch folgende Merkmale angesprochen:
                - großer Kopf
                - runde Stirn
                - große Augen
                - kurze Schnauze
                - kurze Extremitäten
                - rundlicher Körper, Formen und Proportionen
                - unbeholfene Bewegungen

                Je mehr dieser Schlüsselreize vorhanden sind, desto leichter wird der Pflegeinstinkt ausgelöst.
                Hallo Winfried

                Du vergisst dabei, daß es sich beim Menschen um einen Brutpflege betreibenden "Säuger" handelt. Du (bzw. hormonell bedingt, noch mehr Deine weibliche Begleiterin) sprichst deshalb auf das Kindchenschema an, nicht aber Schildkröten!
                Das Kindchenschema dient den auf Brutpflege angewiesenen Tierarten incl. dem Menschen dazu, als Baby versorgt zu werden.
                Das ist in unseren Instinkten (und denen aller Säuger) verankert, weil wir hilflosen Nachwuchs in die Welt setzen.

                Nicht Brutpflege betreibende Tierarten beeindrucken die Merkmale, die für uns das Kindchenschema ausmachen, so viel wie wenn in China ein Radl umfällt

                Schöne Grüße

                Eva



                [[ggg]Editiert von eva1 am 08-01-2006 um 18:14 GMT[/ggg]]

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                • #9
                  Re: Kindchenschema

                  @Eva
                  Bitte genau lesen und nicht irgendetwas reininterpretieren, was niemand behauptet. Ich habe nirgendwo geschrieben, dass Schildkröten oder andere Reptilien auf unseren Schlüsselreiz "Kindchenschema" ansprechen. Vielmehr habe ich mich über das Vorhandensein gewisser Kindchenschema-Merkmale und dessen Sinn gewundert. Jetzt klar geworden?

                  Kommentar


                  • #10
                    Re: Re: Kindchenschema

                    bergfloh schrieb:
                    Vielmehr habe ich mich über das Vorhandensein gewisser Kindchenschema-Merkmale und dessen Sinn gewundert. Jetzt klar geworden?
                    Hallo Winfried

                    Klar ist es mir klar
                    Du hast aber was in meinem Text überlesen (ich hab's geahnt...):
                    "...die Merkmale, die für uns das Kindchenschema ausmachen"...

                    Nur in unseren Augen (und der der brutpflegenden Tierarten) gehören die von Dir aufgezählten Merkmale quasi "zufälligerweise" zum Kindchenschema, obwohl diese rein körperlichen Merkmale naturgemäß (wie schon von den anderen geschrieben) bei Jungtieren sehr häufig, wenn nicht sogar mehr oder weniger ausgeprägt immer, vorhanden sind.

                    Schöne Grüße

                    Eva

                    Kommentar


                    • #11
                      Re: Kindchenschema

                      Hallo Eva!

                      Die ganze Diskussion basiert doch darauf, dass die Merkmale des Kindchenschemas nur bei höher entwickelten Lebewesen einen Schlüsselreiz auslösen. Und die Frage, wieso die Merkmale auch bei niederen Wirbeltieren auftreten, wurde ja von Benjamin und meiner Mail-Kandidatin (Huhu und Grüße!) wunderbar schlüssig erklärt.
                      Oder willst Du einfach nur ein bisschen mit mir streiten , dann schlag mal ein Thema vor.

                      Schöne Grüße
                      Winfried

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                      • #12
                        Re: Re: Kindchenschema

                        bergfloh schrieb:
                        Oder willst Du einfach nur ein bisschen mit mir streiten , dann schlag mal ein Thema vor.
                        Hallo Winfried

                        Wie bitte?

                        Deine ursprüngliche Frage war:

                        "Was mir gerade so aufgefallen und ich mir in erster Minute nicht erklären kann.
                        Wieso lässt sich bei vielen juvenilen Reptilien inkl. Schildkröten und zum Teil auch bei Amphibien ein Kindchenschema feststellen, obwohl sie vom ersten Tag an selbständig aufwachsen. Das Kindchenschema löst ja bei adulten Tieren ja keinen Schlüsselreiz aus, worin besteht also der Sinn?"

                        oder im nächsten Beitrag:

                        "aber es lässt sich durchaus ein Kindchenschema feststellen, gerade bei sehr jungen Tieren. Sinn macht es aber keinen, wenn der Varanus komodoensis oder der Platy Papa die Jungen zum anbeißen süß findet..."


                        Deine Frage bezog sich also eindeutig auf das Kindchenschema als solches und nicht auf die Merkmale, die BEI UNS den entsprechenden Schlüsselreiz auslösen.
                        Ich habe Dir zu erklären versucht, daß es bei Schildkröten (Reptilien) keinen "Kindchenschema-Effekt" gibt, da der Schlüsselreiz dafür nur bei brutpflegenden Arten verankert ist.
                        Das sollte eigentlich reichen.

                        Wenn Du Dich vergallopierst, dann gib bitte nicht anderen die Schuld.

                        Grüße

                        Eva


                        [[ggg]Editiert von eva1 am 08-01-2006 um 20:38 GMT[/ggg]]

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                        • #13
                          Re: Kindchenschema

                          Hallo liebe Leute,
                          Puh, da bin ich ja froh, dass ich die Frage gleich so verstanden habe, wie sie gemeint war! Wahrscheinlich einfach ein Glückstreffer. Ach ja: Was ist eigentlich der Unterschied zwischen "Tier X entspricht dem Kindchenschema." und "Tier X hat die Merkmale, die bei uns den Kindchenschema-Effekt auslösen." ???
                          mfG
                          Benjamin Christ

                          Kommentar


                          • #14
                            Re: Kindchenschema

                            Hallo Eva,

                            in meinem ersten Posting schrieb ich:
                            "Das Kindchenschema löst ja bei adulten Tieren keinen Schlüsselreiz aus, worin besteht also der Sinn?"

                            Heißt übersetzt: Die Merkmale des Kindchenschemas sind z. T. ausgebildet, der Schlüsselreiz existiert bei diesen Tierarten jedoch nicht...

                            Und nachdem Du das zweite Zitat mal wieder so schön gewählt hast, dass klärende Teile einfach weggelassen werden, damit es besser in die eigene Argumentation passt, erkläre ich Dir gerne auch noch, was ich mit folgenden zwei Sätzen gemeint habe:

                            > Sinn macht es aber keinen, wenn der Varanus komodoensis
                            > oder der Platy Papa die Jungen zum anbeißen süß findet
                            > und sie daraufhin auffrisst. In der Biologie lässt sich
                            > das meiste ja irgendwie erklären, aber dieser Sachverhalt
                            > ist wirklich völlig unlogisch.

                            Mit "zum anbeißen süß findet" meinte ich NICHT, dass hier das Kindchenschema greift! Vielmehr sollte diese REDEWENDUNG als rhetorische Stilfigur dienen, um das trockene Thema sprachlich minimal aufzuwerten. Um das zu verdeutlichen, habe ich eine klärende Pointe angehängt: "...und sie daraufhin auffrisst", welche das Vorhandensein von KS-Schlüsselreizen per se ausschließt.
                            Auf deutsch: Der Komodowaran und ähnliche Tierarten interessieren sich nicht die Bohne für ihre Jungen. Sie kennen keine Schlüsselreize, um den Nachwuchs zu schützen. Der Komodowaran sieht seine Jungtiere als Beute (wie jedes andere Beutetier) und frisst sie auf: er findet sie Wort wörtlich "zum anbeißen süß"!
                            Im übrigen bezieht sich der darauffolgende Satz "In der Biologie lässt sich das meiste ja irgendwie erklären, aber dieser Sachverhalt ist wirklich völlig unlogisch." auf den Kannibalismus, also dass das Auffressen der eigenen Jungtiere eine ziemlich seltsame Sache ist, da es für den Erhalt der eigenen Spezies etwas kontraproduktiv ist.

                            hoffentlich klärende Grüße,
                            Winfried

                            [[ggg]Editiert von bergfloh am 09-01-2006 um 02:49 GMT[/ggg]]

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                            • #15
                              Re: Re: Kindchenschema

                              bergfloh schrieb:
                              Im übrigen bezieht sich der darauffolgende Satz "In der Biologie lässt sich das meiste ja irgendwie erklären, aber dieser Sachverhalt ist wirklich völlig unlogisch." auf den Kannibalismus, also dass das Auffressen der eigenen Jungtiere eine ziemlich seltsame Sache ist, da es für den Erhalt der eigenen Spezies etwas kontraproduktiv ist.
                              Hallo Winfried,
                              Kanibalismus muss nicht kontraproduktiv sein. Denk nur mal an den Fall, dass einer Population von Beutegreifern auf einmal die Beutetiere ausgehen. Was ist da jetzt produktiver, dass alle Tiere verhungern, oder dass sich die Tiere gegenseitig verspeisen? Dieses Phänomen tritt z.B. bei Amphibienlarven in temporären Gewässern auf.
                              Aber auch ohne solche Extremsituationen kann Kanibalismus durchaus Sinn machen: Als intraspezifische Selektion. Auch kann ich ökologischen Druck auf meine Fressfeinde ausüben, indem ich ihre Nahrungsquellen selbst nutze...
                              Es gibt auch die interessante These, dass die rasante Gehirnentwicklung bei Homo sapiens das Ergebnis einer intraspezifischen Selektion durch Kanibalismus ist.
                              mfG
                              Benjamin Christ

                              [[ggg]Editiert von Benjamin Christ am 09-01-2006 um 15:03 GMT[/ggg]]

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