Hallo Sascha,
Du hast das Klima noch vergessen. Ein großes Gehege in Deutschland kann nun mal nicht so genutzt werden wie ein Gehege in der selben Größe im natürlichen Vorkommensgebiet. Und was nützt ein großes Gehege bei uns, wenn die Tiere es nur an relativ wenigen Tagen im Jahr wirklich nutzen können? Die übrige Zeit sind die stärkeren Schildkröten "auf Dicht" im Frühbeet/Gewächshaus, und die weniger kräftigen sind entweder dauernd draußen (wo sie ziemlich sicher krank werden) oder in irgendeiner Ecke des Frühbeets, wo hin sie von den kräftigeren abgedrängt wurden (und wo sie ebenfalls krank werden würden).
Warum bist Du so sicher, dass Deine Schildkröten auch auf lange Sicht (jahrzehntelang!) nicht darunter leiden werden?
... es spricht Einiges dafür, dass die Europäischen Landschildkröten das leider nicht können. Sie können allerdings abstumpfen und nicht mehr das volle Verhaltensspektrum gegenüber den Artgenossen zeigen, aber das geht auf Kosten der Gesundheit, denn die Stresshormonwerte sind dann auch erhöht.
Dafür kann es viele Gründe geben. Denke zum Beispiel an Nierenschäden und Gicht - das ist bei Schildkröten aller Wahrscheinlichkeit nach ähnlich schmerzhaft wie beim Menschen. Ein Schildkrötenmännchen, das solche Schmerzen hat, wird nun mal nicht wie ein geölter Blitz den Weibchen nachrennen - und damit ergibt sich dann für den Halter das Bild einer "harmonischen, ruhig zusammen lebenden" Gruppe. Das ist aber bei Weitem nicht die einzige Denkmöglichkeit - das Thema hatten wir hier ja schon öfter.
Stimmt, bei denen läuft es etwas anders - aber wir diskutieren hier nun mal über Testudo hermanni.
Wobei, wie Du inzwischen aus zahlreichen Diskussionen hier wissen kannst, schon der Begriff "Prägung" nicht richtig verwendet wird.
Dr. Baur ging in seinem Vortrag auch darauf ein - aber einige Teilnehmer der Jahrestagung in Hofheim waren während diesem Vortrag an der Bar bzw. im Restaurant... Also nochmal: der Begriff Prägung wird im Zusammenhang mit Arten mit intensiver Brutpflege verwendet.
Achtung, Verallgemeinerung! Zwischen Geochelone (Chelonoidis) denticulata und Testudo hermanni gibt es, wie Du weisst, ein paar Unterschiede. Du hast doch oben selber darauf hingewiesen, dass Du sogar nur innerhalb der Lokalform Vergleiche für legitim hältst, und jetzt das... Ja, auch daraus ziehe ich für mich meine Schlussfolgerungen - über Deine Intentionen hier.
Und außerdem empfehle ich Dir, diese Arbeit nicht nur zu zitieren, sondern sie selber zu lesen. Danach bist Du damit nämlich sicher etwas vorsichtiger.
Auch zum Beispiel bei Gopherus agassizii - aber eben nicht bei Testudo hermanni. Interessant wird diese Diskussion dann, wenn man weiß, dass viele der Forscher, die z.B. über Spornschildkröten, Wüstenschildkröten oder auch Strahlenschildkröten publiziert haben, sich durchaus auch mit anderen Arten (eben zum Beispiel Testudo hermanni) befasst haben. Diese Forscher sind sich alle einig, dass derartige Verallgemeinerungen von einer Schildkrötenart auf die andere, so wie Du sie hier aufbringst, nicht seriös sind.
Sascha, das gilt auch für Dich...
Klar. Du hast aber nicht genau verstanden, worauf ich mit dem Beispiel hinaus wollte. Wenn der häufige Kontakt mit Artgenossen bei Testudo hermanni-Jungtieren so ausschlaggebend wichtig für die Verhaltensentwicklung und die Fortpflanzung wäre, wie es von manchen Fundamentalisten postuliert wird, müssten ja alle Schildkröten dieser weniger dichten Population, die diesen Kontakt nicht in dem Maß haben, zuerst verhaltensgestört und später (lange vor unserer Zeit) ausgestorben sein. Für mich ist das Überleben und die Stabilität dieser Populationen aber ein Zeichen dafür, dass Schildkröten in der Natur eben auch ohne häufigen Artgenossenkontakt "ganz normal" leben können.
Also: Viel Spaß beim Lesen wünscht
Beate
vorausgesetzt es ist viel Platz vorhanden, und das Gehege ist gut strukturiert/modelliert.
dass keines der anderen Tiere unter dem dominanten Tier leidet - zumindest nicht laut den Daten und Beobachtungen die mir vorliegen.
Ich hatte auch schonmal in einer Diskussion das Thema der Gewöhnung eingebracht. Können sich Tiere aneinander gewöhnen, und wenn ja,
ist das vielleicht auch der Grund, warum Gruppenhaltung bei zahlreichen Haltern funktioniert?
Natürlich auch nur bei Arten, die untereinander generell etwas verträglicher sind, also z.B. Testudo marginata.
Achja, und dann gibt es ja noch die Beobachtungen von Wolfgang Wegehaupt zum Thema der Prägung.
Dr. Baur ging in seinem Vortrag auch darauf ein - aber einige Teilnehmer der Jahrestagung in Hofheim waren während diesem Vortrag an der Bar bzw. im Restaurant... Also nochmal: der Begriff Prägung wird im Zusammenhang mit Arten mit intensiver Brutpflege verwendet.
so z.B. beschrieb es AUFFENBERG bei Geochelone denticulata, die erst bei höherer Individuendichte unter menschlichter Obhut ein soziales Verhalten entwickelt haben.
Und außerdem empfehle ich Dir, diese Arbeit nicht nur zu zitieren, sondern sie selber zu lesen. Danach bist Du damit nämlich sicher etwas vorsichtiger.
Eva hatte mir geschrieben, bei Schildkröten gibt es keine Rangordnung. Das sah/sieht DICKINSON z.B. anderster. Bei Geochelone sulcata gäbe es angeblich eine Randordnung.
eine DIFFERENZIERUNG unheimlich wichtig ist.
Beate, du hast Beispiele von Vorkommensgebiete gebracht, bei denen angeblich die Populationsdichte gering ist. Wie ich aber bereits geschrieben habe, existieren auch Populationen in hoher Dichte, und das sogar bei der gleichen Unterart. Daher können nunmal Landschildkröten in hoher aber auch in geringer Dichte überleben.
Also: Viel Spaß beim Lesen wünscht
Beate
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