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Die Schildkröte als Totemtier bei den Huronen

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  • Die Schildkröte als Totemtier bei den Huronen

    Kürzlich habe ich von der Bedeutung der Schildkröte im Weltbild einiger Nordamerikanischer Indianerstämme gehört. Insbesondere bei den Huronen, die ja ursprünglich vom Lake Huron (Huron-See) stammen. ist/war die Schildkröte enorm wichtig. Nur - der Huron See ist doch schon ziemlich weit im Norden, ich glaube da gibts gar keine Schildkröten mehr - ziemlich merkwürdig. Auf welche Schildkröten-Art bezieht sich wohl das Totemtier der Huronen? Hat jemand eine Ahnung?

  • #2
    Hallo Daniel.
    Ich war schonmal im Grenzgebiet von Minnessota zu Kanada. Da konnte ich extrem viele Schmuckschildkröten sehen, einige haben sich auf den Highways gesonnt. Die Flüsse und Seen sind voll von ihnen. Ich kann mir vorstellen, daß die Fauna am Huronsee ähnlich ist.
    Gruß,
    sir_toby

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    • #3
      Nun ja,

      zu den Huronen kann ich nun nichts sagen, aber wir haben die Cherokees in den USA in den Reservaten besucht und auch dort wurden Schildkröten z.B. als "Musikinstrumente" - mehrere Schildkrötenpanzer auf Leder befestigt - benutzt ... leider haben wir diese nicht aus nächster Nähe gesehen, so daß keine Artbestimmung vorliegt.

      Aber in den USA sind ja nun die Schmuckschildkröten sehr verbreitet, so daß es sicher um eine derartige Art handeln dürfte ...

      Dieter

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      • #4
        Hallo

        Auf welche Art sich das bezieht ist gar nicht so einfach zu sagen,
        da dort laut Vetter 2004 insgesamt acht Schildkrötenarten (natürlich) vorkommen
        (Chelydra serpentina, Chrysemys picta marginata, Clemmys guttata, Emydoidea blandingii, Glyptemys insculpta, Graptemys geographica, Sternotherus odoratus, Apalone spinifera spinifera)!

        Gruß
        Simon

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        • #5
          Zitat von Daniel Hofer Beitrag anzeigen
          Auf welche Schildkröten-Art bezieht sich wohl das Totemtier der Huronen? Hat jemand eine Ahnung?
          Hm - nimm's mir nicht übel, aber ich finde die Fragestellung falsch gedacht. Sie kommt aus der neuzeitlichen und wissenschaftlichen Sicht der Fauna.

          Zwar finden sich in den Bildern archaischer Kulturen (auch weit vor den Indianerkulturen) viele bildliche Darstellungen von Tieren, die aus heutigem Kenntnisstand einigermaßen sicher auf die abgebildeten Arten schließen lassen, doch geht es in der Mythologie ganz und gar nicht darum, einzlene Tierarten voneinander zu differenzieren.
          Die Schildkröte (ganz egal welche Art) gehört zu den Tieren, die mythologisch soweit "aufgeladen" sind, dass man schon von einem "Archetyp" oder "Prinzip" sprechen könnte.
          Dieses "Prinzip Schildkröte" findet sich in bemerkenswerter Übereinstimmung in vielen Kulturräumen, die in keiner Verbindung miteinander standen (von Dänikens Ufo-Phantasmagorien mal abgesehen). Die welttragende Schildkröte findet sich z.B. auch im asiatischen Raum (Peter Young berichtet in "Tortoise", London 2006 sehr ausführlich darüber) - übrigens ein sehr lesenswertes kulturhistorische Sammelsurium zum Thema.

          Ich denke mal, dass es den Huronen und Delaware-Völkern (mal ein wenig bei J.F. Coopers Romanzyklus schmökern) überhaupt nicht darum ging, welche Art Schildkröte gemeint ist - sondern das "Prinzip Schildkröte an sich". Und entsprechend sind die Abbildungen eine Mischung aus dem "Prinzip", der eigenen visuellen Erfahrung wie auch der stilisierenden Idealisierung oder Ausschmückung. Das würde dann korrespondieren mit der Funktion des Totems, der ja ein religiöser Kultgegenstand ist und eben keine 1:1 Abbildung der Wirklichkeit.


          Beste Grüße
          Lutz
          Ironie ist die letzte Phase der Enttäuschung

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          • #6
            Ist richtig, was Lutz schreibt.
            Die meisten Kulturen unterscheiden nicht nach Unterarten.

            Lg
            Markus

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            • #7
              Guten Morgen,

              da ich noch etwas nachschnüffeln wollte, kommt jetzt erst ein kleiner Nachtrag.
              Die Stammesgeschichte der "Huronen" ist ziemlich verwirrend. Auf alle Fälle gehören sie zu den Irokesen-Stämmen und Sprachfamilien, die dieses Gebiet im Norden der USA und Kanada schon sehr lange besiedelt haben. Man nimmt an, dass es ihr ursprüngliches Siedlungsgebiet war.

              Interessanterweise ist eine weitere Sprachfamilie dort hinzugekommen - nach eigenen Auffassungen um etwa 1400 - die Stämme der Algonkin, die nun wiederum eine engere Verwandtschaft mit den Stämmen/Sprachen der Neuengland-Staaten haben. Für Lederstrumpf-Fans: Zu diesen Algonkin-Stämmen gehören die sogenannten Mohikaner (diesen Stamm gibt es eigentlich nicht, Cooper hat ihn aus zwei Stämmen "montiert") - die nordöstlich von New York gesiedelt haben, und die von den Weißen sogenannten Delaware, die sich selbst Lenape nennen. (Siedlungsgebiet New Jersey).

              Spannend ist, dass die ausgestorbene Algonkin-Sprache einige Begriffe in die amerikanische Sprache der Neuzeit hat retten können. Da wären Worte wie raccoon (Waschbär), moccasins (spezielle Indianerschuhe) und tomahawk (indianisches Kriegsbeil) - und eben das Wort terrapin (Sumpfschildkröte).
              Wer nun dieses lautmalerische Wort versucht, in englisch zu übertragen und in lateinische Schrift zu bringen, kommt zwangsläufig auf terrapene. Ein uns bekanntes Wort.

              Es wäre spannend - und dazu könnte dann wohl ein Ethnologe besser Auskunft geben - ob es zum Austausch von Riten und Symbolen zwischen den Irokesen-Stämmen und Algonkin-Stämmen gekommen ist.

              Und noch zu Cooper: Es sei daran erinnert, dass im Lederstrumpf-Zyklus (The last of the Mohicans") Unkas das Zeichen der Schildkröte auf die Brust tätowiert hat, dieses Zeichen rettet ihm das Leben, als er von den Irokesen als Gefangener in das Dorf der Delaware gebracht wird und dessen uralter Häuptling Tamenund das Zeichen erkennt.
              Da der Amerikaner Cooper - anders als Karl May - nun seine Romane nicht nur aus Phantasie und Schneegestöber zusammengestückelt hat, sondern zeitweilig im nicht mehr ganz so wilden Indianer-Grenzland New Jerseys lebte, darf man annehmen, dass hier literarisch eine Begebenheit Niederschlag gefunden hat, die ihm zumindest vom Hörensagen bekannt war.

              Damit aber genug von mir. Sonst müssten wir noch über Pocahontas reden, die auch zu den Algonkin-Stämmen gehört hat und John Smith, dessen Aufzeichnungen wertvolle Hinweise über die Algonkin-Sprachen geben...

              ups - stop it.
              Beste Grüße
              Lutz
              Ironie ist die letzte Phase der Enttäuschung

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