Dieser Text ist entnommen aus:
Die Lurche und Kriechtiere von Alfred Brehm
Neubearbeitet von Fanz Wernen
Zweiter Band
Leipzig und Wien, Bibliographisches Institut 1913
Seite 418 - 421
TEIL 1:
Eine der prunkvollsten von den etwa drei Duzend bekannten, zum Teil schwierig unterscheidbaren Arten ist die Korallenotter, Elaps corallinus Wied, eine Schlange von 60-70 cm Länge, vowon der Schwanz etwa 10 cm wegnimmt. „Die Grundfärbung des ganzen Tieres“, so sagt der Prinz von Wied, „ist ein prächtiges Zinnoberrot von ungemein lebhaftem, am Bauche etwas matterem Glanze. Diese schöne rote Farbe ist am Rumpfe in ziemlich regelmäßigen, gleichweiten Zwischenräumen durch 16-19 schwarze, rundum laufende, etwa 10-14 mm breite Ringe unterbrochen, die an ihrem vorderen und hinteren Rande von der roten Farbe durch einen schmalen, gründlichweißen Ring höchst sauber geschieden werden. Alle roten und grünlichweißen Ringe sind schwarz punktiert, da jede ihrer Schuppen eine schwarze Spitze hat. Die vordere Häfte des Kopfes bis zum Hinterende des Stirnschildes ist bläulichschwarz; an den beiden Hinterhauptschildern beginnt ein grünlichweißes, breites Querband, das sich hinter dem Auge herabzieht und den ganzen Unferkiefer färbt; hinter diesem liegt ein schwarz-weißes Halsband oder der erste schwarze Ring, auf dem alsdann ein roter folgt. Der Schwanz ist geöhntlich nicht rot gefärbt, sondern zeigt auf schwarzem Grunde etwa acht weißliche Ringe und eine kurze, weiße Endspitze. Diese Färbung scheint sehr beständig zu sein.“
Die Korallenotter bewohnt, nach Angabe des Prinzen von Wied, die großen Waldungen und Gebüsche bei Rio de Janeiro, Cabo Frio und am Parahuba, kommt aber ebenso in Westindien und in Argentinien wie weit im Westen in Ecuador, Bolivia und den tiefliegenden Gebieten von Nordost-Peru vor. Auf ganz offenen Stellen bemerkt man sie seltener, obschon sie zuweilen auch hier, ja selbst in der Nähe von Wohnungen gefunden wird. In Sümpfen scheint sie nicht zu leben, vielmehr sandigen Grund oder den kühlen, feuchten Boden der Wälder, wo Pflanzen, abgefallene, faulende Blätter und dergleichen ihr Zufluchtsorte gewähren, allen anderen Örtlichkeiten vorzuziehen. „Der Jäger“, fährt unser Gewährsmann fort, „der jenen mit Pflanzen dicht überzogenen Waldboden betritt, staunt überrascht und erfreut, wenn er im Grünen die brennendroten Ringe dieser Zierde der Schlangen glänzen sieht, und bloß Ungewissheit über die Gefährlichkeit oder Unschädlichkeit des Tieres hält ihn anfänglich ab, seine Hand nach dem schönen Gegenstande auszustrecken; wir jedoch lernten bald, dass keine Gefahr dabei war, wenn wir diese Tiere aufhoben und lebend in unseren Taschen mit umhertrugen. Ich habe die Korallenotter mit auf meinen Jagdausflügen häufig gefunden, wenn auch in der warmen Jahreszeit mehr als in der kalten. Sie gehört nicht zu den schnellen Schlangen, sondern wird bald eingeholt, kann auch die Bäume nicht besteigen wie viele andere Verwandte in den Urwäldern von Brasilien. Ihre Nahrung besteht in kleinen Wirbeltieren: größere zu verschlingen, erlaubt ihr die Enge des Mundes und der Kehle nicht.
„Die Brasilier erzählen den Fremden gewöhnlich bald von diesen schönen Tieren, da sie selbst von dem seltenen Glanze ihrer Farben eingenommen sind; sie halten sie aber wie die meisten Schlangen für giftig; ja, viele Leute glauben, dass die Korallenotter noch eine andere kleine Schlange im Halse trage, die beiße.“ Wir wissen jetzt, dass beiden Beobachtungen etwas Tatsächliches zugrunde liegt. Darin haben die Leute recht gehabt, dass die Korallenotter giftig ist, und der Prinz von Wied war im Unrecht; und auch der zweiten Bemerkung müssen wir zustimmen, da E. corallinus sich von Schlangen, Ringel- und Wühlechsen und anderen kleinen Kriechtieren ernährt und wohl öfters in der Tätigkeit des Verschlingens ihrer Beute beobachtet werden konnte.
Eine der gewöhnlichsten Prunkottern Rio Grande do Suls, Elaps lemniscatus L., wird als höchst giftiges Tier ebenfalls außerordentlich gefürchtet. Doch schreibt ihr der Brasilier anstatt der Giftzähne einen eisernen Stachel an der Schwanzspitze zu, mit dem sie tödlich verwunden soll. „Ich habe“, so sagt Hensel, „trotz aller Anfragen niemals jemand gefunden, der Augenzeuge einer Vergiftung durch den Biß dieser Schlange gewesen wäre. Immer nur wurden die Erfahrungen und Erzählungen anderer wiederholt. Auch zeigten alle von mir getöteten Korallenschlangen keine Spur von Widersetzlichkeit, sondern suchten sich bloß durch die Flucht zu retten, so dass die Erzählungen, die über die Gefährlichkeit dieser Tiere umlaufen, ohne Zweifel erfunden oder wenigstens übertrieben sind.“ Auch die 6 Fuß Länge erreichende „Himeralli“, Elaps surinamensis Laur, ist, wie Quelch erfuhr, gänzlich harmlos. Man findet in Britisch Guayana häufig Prunkottern in den Händen von Kindern oder anderen Personen, die keine Ahnung von der Gefahr haben, in der sie sich befinden.
Über ganz Mittelamerika und von Südcarolina an über den Südosten der Vereinigten Staaten in zahlreichen Spielarten (von denen die nordamerikanische hier abgebildet ist) verbreitet ist die Harlekinschlange, Elaps fulvius L., von der Korallenotter dadurch unterscheidbar, dass die Scheitelschilde länger sind als ihr Abstand von den Zwischennasenschilden. Sie erreicht, wenngleich selten, fast Meterlänge. Sie ist, wie bereits erwähnt, die einzig wirklich als gefährlich bekannte Art der ganzen Gattung, und von fünf Fällen, in denen Menschen von der nordamerikanischen Prunkotter gebissen wurden verliefen, nach F W. True, zwei tödlich. Für kleinere Schlangen ist der Biß nach diesem Gewährsmann ebenfalls todbringend.
Der eine jener fünf Fälle betraf einen Angestellten des Nationalmuseums der Vereinigten Staaten, der am 1. Juni 1882 zwischen 2 und 3 Uhr gebissen wurde, als er eine solche Natter aus ihrem Behälter in ein Glasgefäß bringen wollte, wobei ersie dicht am Nacken festhielt.. In demselben Augenblicke, als er sie losließ, der Schwanz der Schlange den Boden des Gefäßes berührte, und bevor er noch Zeit hatte, die Hand zurückzuziehen, biß ihn die Schlange in den linken Zeigefinger, und zwar hieb sie nicht wie eine Klapperschlange ihre Zähne ein, sondern biß, mit den Kiefern den Finger umschlingend, so fest zu, dass die Kiefer aufgebrochen werden mussten, wobei einer der Giftzähne in der Wunde stecken blieb. Unmittelbar nach dem Bisse erfolgten heftige Schmerzen in der Wunde ohne wesentliche Änderung bis 4 1/2Uhr. Um diese Zeit trat Schläfigkeit und Bernommenheit auf und blieb bis zum Morgen des dritten Tages. Aber schon um 7 Uhr 30 Minuten am Tage des Bisses fühlte sich der Gebissene so unwohl, dass er ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen musste. Drei Tage nachdem er in ärztliche Behandlung kam, war er wieder gesund, fühlte aber zwei Monate nach dem Biß abermal Schmerzen im gebissenen Finger bis zu den Gelenken, und es bildete sich ein Geschwür oberhalb derselben. Von dieser Zeit ab begann in jedem Sommer, einige Tage vor dem 1. Juni, dem Tage des Bisses, der Finger wieder zu schmerzen, namentlich bei Nacht, ein Geschwür entstand und brach auf, und stets ging der Nagel verloren; der Anfall dauerte jedes Mal ungefähr zwei Wochen. Nach zwei Jahren erlangte der Gebissene Linderung durch den innerlichen Gebrauch eines Aufgusses der Blätter und Stengel eines brasilianischen Weinstockes (Micania guacho) unmittelbar vor dem erwarteten Anfall, wodurch zwar nicht der Schmerz, wohl aber die Bildungdes Geschwüres ausblieb.
Von drei anderen von Dr. True mitgeteilten Fällen aus Texas gingen ebenfalls zwei tödlich aus; in dem einen der beiden letzteren handelte es sich um ein spielendes Kind, das, durch die schönen Farben der Schlange angelockt, diese ergriff und am Morgen nach dem Bisse starb; der andere betraf einen Mann, der erst einige Minuten vor seinem an Herzlähmung erfolgten Tode in Behandlung kam und die Schlange als Spielzeug benutzt hatte, ebenso wie der dritte, der noch gerettet werden konnte; dieser pflegte der Schlange den Finger in den Rachen zu stecken, tat es aber zu tief, und die Schlange biß ihn, als er ihn wieder hinausziehen wollte. – Weitere Bissfälle werden von F. Lucas, E.. Eoe und Einar Lönnberg mitgeteilt.
Der unbegründet gute Ruf dieser Schlange als harmloses Tier in Verbindung mit der anscheinend unbedeutenden Bisswunde, dem Fehlen beunruhigender Anzeichen an der Bissstelle, schließlich die große Ähnlichkeit mit wirklich harmlosen Schlangen (in Nordamerika sind verschiedene Coronella-Arten, ferner Cemophora, Osceola, Rhinochilus, in Mittelamerika Urotheca elapsoides, Atractus elaps, Scolecophis, Homalocranium annulatum dieser Art, in Südamerika Lystrophis semicinctus, Oxyrhopus trigeminus, Erythrolamprus easculapii, Simophia rhinostoma, Hydrops, Ilysia, anderen Elaps-Arten mehr oder weniger auffallend ähnlich) ist schuld, dass die Zahl der Todesfälle am Biß dieser Schlange im Vergleich zur Zahl der überhaupt bekannten Bissfälle größer ist als bei irdendeiner anderen Giftschlange Nordamerikas. Der Gebissene hat gewöhnlich keine Ahnung von der Gefahr, in der er schwebt, und tifft keinerlei Maßnahmen gegen die so harmlos ausehende Verwundung, und da das Elaps-Gift sehr schnell wirkt, wenn es ins Blut gelangt, so nützen die endlich doch angewandten Heilmittel nur sehr wenig. Eine Anschwellung der gebissenen Stelle wird nur manchmal, violette Verfärbung aber niemals beobachtet, also ähnlich wie bei dem Bisse der Kobra.
Teil 2 folgt ....
Die Lurche und Kriechtiere von Alfred Brehm
Neubearbeitet von Fanz Wernen
Zweiter Band
Leipzig und Wien, Bibliographisches Institut 1913
Seite 418 - 421
TEIL 1:
Eine der prunkvollsten von den etwa drei Duzend bekannten, zum Teil schwierig unterscheidbaren Arten ist die Korallenotter, Elaps corallinus Wied, eine Schlange von 60-70 cm Länge, vowon der Schwanz etwa 10 cm wegnimmt. „Die Grundfärbung des ganzen Tieres“, so sagt der Prinz von Wied, „ist ein prächtiges Zinnoberrot von ungemein lebhaftem, am Bauche etwas matterem Glanze. Diese schöne rote Farbe ist am Rumpfe in ziemlich regelmäßigen, gleichweiten Zwischenräumen durch 16-19 schwarze, rundum laufende, etwa 10-14 mm breite Ringe unterbrochen, die an ihrem vorderen und hinteren Rande von der roten Farbe durch einen schmalen, gründlichweißen Ring höchst sauber geschieden werden. Alle roten und grünlichweißen Ringe sind schwarz punktiert, da jede ihrer Schuppen eine schwarze Spitze hat. Die vordere Häfte des Kopfes bis zum Hinterende des Stirnschildes ist bläulichschwarz; an den beiden Hinterhauptschildern beginnt ein grünlichweißes, breites Querband, das sich hinter dem Auge herabzieht und den ganzen Unferkiefer färbt; hinter diesem liegt ein schwarz-weißes Halsband oder der erste schwarze Ring, auf dem alsdann ein roter folgt. Der Schwanz ist geöhntlich nicht rot gefärbt, sondern zeigt auf schwarzem Grunde etwa acht weißliche Ringe und eine kurze, weiße Endspitze. Diese Färbung scheint sehr beständig zu sein.“
Die Korallenotter bewohnt, nach Angabe des Prinzen von Wied, die großen Waldungen und Gebüsche bei Rio de Janeiro, Cabo Frio und am Parahuba, kommt aber ebenso in Westindien und in Argentinien wie weit im Westen in Ecuador, Bolivia und den tiefliegenden Gebieten von Nordost-Peru vor. Auf ganz offenen Stellen bemerkt man sie seltener, obschon sie zuweilen auch hier, ja selbst in der Nähe von Wohnungen gefunden wird. In Sümpfen scheint sie nicht zu leben, vielmehr sandigen Grund oder den kühlen, feuchten Boden der Wälder, wo Pflanzen, abgefallene, faulende Blätter und dergleichen ihr Zufluchtsorte gewähren, allen anderen Örtlichkeiten vorzuziehen. „Der Jäger“, fährt unser Gewährsmann fort, „der jenen mit Pflanzen dicht überzogenen Waldboden betritt, staunt überrascht und erfreut, wenn er im Grünen die brennendroten Ringe dieser Zierde der Schlangen glänzen sieht, und bloß Ungewissheit über die Gefährlichkeit oder Unschädlichkeit des Tieres hält ihn anfänglich ab, seine Hand nach dem schönen Gegenstande auszustrecken; wir jedoch lernten bald, dass keine Gefahr dabei war, wenn wir diese Tiere aufhoben und lebend in unseren Taschen mit umhertrugen. Ich habe die Korallenotter mit auf meinen Jagdausflügen häufig gefunden, wenn auch in der warmen Jahreszeit mehr als in der kalten. Sie gehört nicht zu den schnellen Schlangen, sondern wird bald eingeholt, kann auch die Bäume nicht besteigen wie viele andere Verwandte in den Urwäldern von Brasilien. Ihre Nahrung besteht in kleinen Wirbeltieren: größere zu verschlingen, erlaubt ihr die Enge des Mundes und der Kehle nicht.
„Die Brasilier erzählen den Fremden gewöhnlich bald von diesen schönen Tieren, da sie selbst von dem seltenen Glanze ihrer Farben eingenommen sind; sie halten sie aber wie die meisten Schlangen für giftig; ja, viele Leute glauben, dass die Korallenotter noch eine andere kleine Schlange im Halse trage, die beiße.“ Wir wissen jetzt, dass beiden Beobachtungen etwas Tatsächliches zugrunde liegt. Darin haben die Leute recht gehabt, dass die Korallenotter giftig ist, und der Prinz von Wied war im Unrecht; und auch der zweiten Bemerkung müssen wir zustimmen, da E. corallinus sich von Schlangen, Ringel- und Wühlechsen und anderen kleinen Kriechtieren ernährt und wohl öfters in der Tätigkeit des Verschlingens ihrer Beute beobachtet werden konnte.
Eine der gewöhnlichsten Prunkottern Rio Grande do Suls, Elaps lemniscatus L., wird als höchst giftiges Tier ebenfalls außerordentlich gefürchtet. Doch schreibt ihr der Brasilier anstatt der Giftzähne einen eisernen Stachel an der Schwanzspitze zu, mit dem sie tödlich verwunden soll. „Ich habe“, so sagt Hensel, „trotz aller Anfragen niemals jemand gefunden, der Augenzeuge einer Vergiftung durch den Biß dieser Schlange gewesen wäre. Immer nur wurden die Erfahrungen und Erzählungen anderer wiederholt. Auch zeigten alle von mir getöteten Korallenschlangen keine Spur von Widersetzlichkeit, sondern suchten sich bloß durch die Flucht zu retten, so dass die Erzählungen, die über die Gefährlichkeit dieser Tiere umlaufen, ohne Zweifel erfunden oder wenigstens übertrieben sind.“ Auch die 6 Fuß Länge erreichende „Himeralli“, Elaps surinamensis Laur, ist, wie Quelch erfuhr, gänzlich harmlos. Man findet in Britisch Guayana häufig Prunkottern in den Händen von Kindern oder anderen Personen, die keine Ahnung von der Gefahr haben, in der sie sich befinden.
Über ganz Mittelamerika und von Südcarolina an über den Südosten der Vereinigten Staaten in zahlreichen Spielarten (von denen die nordamerikanische hier abgebildet ist) verbreitet ist die Harlekinschlange, Elaps fulvius L., von der Korallenotter dadurch unterscheidbar, dass die Scheitelschilde länger sind als ihr Abstand von den Zwischennasenschilden. Sie erreicht, wenngleich selten, fast Meterlänge. Sie ist, wie bereits erwähnt, die einzig wirklich als gefährlich bekannte Art der ganzen Gattung, und von fünf Fällen, in denen Menschen von der nordamerikanischen Prunkotter gebissen wurden verliefen, nach F W. True, zwei tödlich. Für kleinere Schlangen ist der Biß nach diesem Gewährsmann ebenfalls todbringend.
Der eine jener fünf Fälle betraf einen Angestellten des Nationalmuseums der Vereinigten Staaten, der am 1. Juni 1882 zwischen 2 und 3 Uhr gebissen wurde, als er eine solche Natter aus ihrem Behälter in ein Glasgefäß bringen wollte, wobei ersie dicht am Nacken festhielt.. In demselben Augenblicke, als er sie losließ, der Schwanz der Schlange den Boden des Gefäßes berührte, und bevor er noch Zeit hatte, die Hand zurückzuziehen, biß ihn die Schlange in den linken Zeigefinger, und zwar hieb sie nicht wie eine Klapperschlange ihre Zähne ein, sondern biß, mit den Kiefern den Finger umschlingend, so fest zu, dass die Kiefer aufgebrochen werden mussten, wobei einer der Giftzähne in der Wunde stecken blieb. Unmittelbar nach dem Bisse erfolgten heftige Schmerzen in der Wunde ohne wesentliche Änderung bis 4 1/2Uhr. Um diese Zeit trat Schläfigkeit und Bernommenheit auf und blieb bis zum Morgen des dritten Tages. Aber schon um 7 Uhr 30 Minuten am Tage des Bisses fühlte sich der Gebissene so unwohl, dass er ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen musste. Drei Tage nachdem er in ärztliche Behandlung kam, war er wieder gesund, fühlte aber zwei Monate nach dem Biß abermal Schmerzen im gebissenen Finger bis zu den Gelenken, und es bildete sich ein Geschwür oberhalb derselben. Von dieser Zeit ab begann in jedem Sommer, einige Tage vor dem 1. Juni, dem Tage des Bisses, der Finger wieder zu schmerzen, namentlich bei Nacht, ein Geschwür entstand und brach auf, und stets ging der Nagel verloren; der Anfall dauerte jedes Mal ungefähr zwei Wochen. Nach zwei Jahren erlangte der Gebissene Linderung durch den innerlichen Gebrauch eines Aufgusses der Blätter und Stengel eines brasilianischen Weinstockes (Micania guacho) unmittelbar vor dem erwarteten Anfall, wodurch zwar nicht der Schmerz, wohl aber die Bildungdes Geschwüres ausblieb.
Von drei anderen von Dr. True mitgeteilten Fällen aus Texas gingen ebenfalls zwei tödlich aus; in dem einen der beiden letzteren handelte es sich um ein spielendes Kind, das, durch die schönen Farben der Schlange angelockt, diese ergriff und am Morgen nach dem Bisse starb; der andere betraf einen Mann, der erst einige Minuten vor seinem an Herzlähmung erfolgten Tode in Behandlung kam und die Schlange als Spielzeug benutzt hatte, ebenso wie der dritte, der noch gerettet werden konnte; dieser pflegte der Schlange den Finger in den Rachen zu stecken, tat es aber zu tief, und die Schlange biß ihn, als er ihn wieder hinausziehen wollte. – Weitere Bissfälle werden von F. Lucas, E.. Eoe und Einar Lönnberg mitgeteilt.
Der unbegründet gute Ruf dieser Schlange als harmloses Tier in Verbindung mit der anscheinend unbedeutenden Bisswunde, dem Fehlen beunruhigender Anzeichen an der Bissstelle, schließlich die große Ähnlichkeit mit wirklich harmlosen Schlangen (in Nordamerika sind verschiedene Coronella-Arten, ferner Cemophora, Osceola, Rhinochilus, in Mittelamerika Urotheca elapsoides, Atractus elaps, Scolecophis, Homalocranium annulatum dieser Art, in Südamerika Lystrophis semicinctus, Oxyrhopus trigeminus, Erythrolamprus easculapii, Simophia rhinostoma, Hydrops, Ilysia, anderen Elaps-Arten mehr oder weniger auffallend ähnlich) ist schuld, dass die Zahl der Todesfälle am Biß dieser Schlange im Vergleich zur Zahl der überhaupt bekannten Bissfälle größer ist als bei irdendeiner anderen Giftschlange Nordamerikas. Der Gebissene hat gewöhnlich keine Ahnung von der Gefahr, in der er schwebt, und tifft keinerlei Maßnahmen gegen die so harmlos ausehende Verwundung, und da das Elaps-Gift sehr schnell wirkt, wenn es ins Blut gelangt, so nützen die endlich doch angewandten Heilmittel nur sehr wenig. Eine Anschwellung der gebissenen Stelle wird nur manchmal, violette Verfärbung aber niemals beobachtet, also ähnlich wie bei dem Bisse der Kobra.
Teil 2 folgt ....
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