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Turbo-Wasserschildkröten

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  • Turbo-Wasserschildkröten

    Liebe Fachmoderatoren,
    immer wieder schreiben hier Leute, denen die kleinen Wasserschildkröten in wenigen Monaten zu wahren Monstern herangewachsen sind. Ich sehe hier Haltungsfehler 1: viel zu hohe Wassertemperatur, Haltungsfehler 2: viel zu reichliche Fütterung.
    Ich habe ein knappes Jahr im Wasserschildkröten-reichen Oklahoma gelebt und kenne daher die krassen kontinentalen Klimabedingungen, mit denen die Schildkröten fertig werden müssen. Wassertemperaturen wie in den vermutlich meisten deutschen Aquarien gibt es dort nur im Hochsommer und dann wohl auch nur in den Flachwasserzonen.
    Im Landschildkrötenforum wird ja schon "aufgeschrien", wenn ein Schlüpfling nach dem ersten Jahr mal über 50g wiegt. Wieso sagt bei den Wasserschildkröten keiner was dazu?
    Ich mag nun nicht bei jedem Beitrag meinen Senf dazuschreiben, aber vielleicht könntet ihr ja mal kraft eurer Autorität als Fachmoderator mal was dazu schreiben
    Gruß ~h
    W.

    im richtigen Leben: Wolfgang
    Ich bin Biologe und halte seit über 40 Jahren Wasserschildkröten, Echsen, Geckos, Schlangen, Frösche, Kröten, Kleinsäuger und Wirbellose in z.Zt. etwa 100 Arten, sowie ein löbliches Schwein namens Eberhardt

  • #2
    Re: Turbo-Wasserschildkröten

    Hallo Wolfi,

    also dass wir Fachmoderatoren dazu nichts geschrieben hätten, kannst Du ja nun wirklich nicht sagen. Wir haben allerdings meist unter unseren normalen Nicks gepostet, vielleicht ist es Dir deshalb nicht so aufgefallen.

    Wenn die Schildkrötenhalter hier ins Forum kommen, ist das Unglück ja meistens schon passiert und die Mastschildkröte hat die ersten Gesundheitsprobleme. Also hilft es dieser Schildkröte nicht, dann noch nach "hätte täte wäre wenn" zu rufen oder mit dem Besitzer zu schimpfen (den Landschildkröten hilft das übrigens genau so wenig...).. Dann hilft höchstens noch, geduldig zu erklären, dass die Haltung und die Ernährung schleunigst umgestellt werden sollen, aber rückgängig machen lässt sich das Problem natürlich nicht mehr. Je nachdem, wie sich die Problembeschreibung liest, versuchen wir auch, die Leute zum Schildkröten-erfahrenen Tierarzt zu schicken, damit die Schäden genauer untersucht und ggf. behandelt werden. Dass wir damit auch hier sehr oft tauben Ohren predigen, kannst Du ja selber aus den Antworten herauslesen. Damit kein Missverständnis aufkommt: Ich freue mich jedes Mal sehr, wenn die Ratschläge angenommen werden, und ich hoffe jedes Mal beim Schreiben, dass es auch diesmal wieder klappt und dass die betreffende Schildkröte eine bessere Zukunft hat!

    Mir wäre es auch lieber, wenn die Leute sich hier umschauen würden, BEVOR sie ihre Schildkröte (meist aus Unwissenheit) quälen, aber leider ist es viel häufiger, dass sie erst dann hier auftauchen und fragen, wenn es mindestens allerhöchste Zeit ist.

    Ich greife Deinen Vorschlag gerne auf und stelle die natürlichen Wachstumsgeschwindigkeiten und Alter und Größe bei Erreichen der Geschlechtsreife für einige häufiger gehaltene Arten aus Nordamerika hier mal zusammen. Quelle: Das Buch von Ernst, Lovich & Barbour ( 1994 ) : Turtles of the United States and Canada. Dieses Buch habe ich schon oft genug empfohlen und ich empfehle es hier wieder. Es sollte für jeden Halter amerikanischer Schildkrötenarten Pflichtlektüre sein!

    Die Angaben stammen aus unterschiedlichen Biotopen. Meist sind jedoch die wärmsten Gegenden untersucht worden, wo das Wachstum am schnellsten ist. Wenn möglich habe ich diese Angaben zusammengestellt. Die Längenangaben sind immer die gerade Länge (Stockmaß), also nie um die Panzerwölbung gemessen. Es gibt nicht zu jeder Art alle Angaben in dem Buch.

    Also:

    Apalone ferox, Florida-Weichschildkröte
    1 Jahr alt: 5,7 cm lang
    Wachstumsrate vom zweiten bis zum 5. Jahr: 4,8 cm/Jahr, danach 4,2 cm/Jahr
    Geschlechtsreife bei Männchen ab etwa 9 cm Bauchpanzerlänge, Weibchen ab etwa 18 cm Bauchpanzerlänge

    Sternotherus odoratus, Gewöhnliche Moschusschildkröte
    1 Jahr alt: 3,25 cm, 2 Jahre 52 mm, 3 Jahre 61 mm, usw.
    Geschlechtsreife Männchen ab 6 cm Panzerlänge, ab 4 Jahre, Weibchen ab 8 cm Panzerlänge, ab 4-5 Jahre, jedoch starke Unterschiede je nach Herkunft

    Terrapene carolina, Dosenschildkröte
    Wachstumsrate in den ersten 5 Jahren höchstens 2 cm/Jahr
    Geschlechtsreife bei beiden Geschlechtern ab 5 Jahren

    Chrysemys picta, Zierschildkröte (leider keine Unterscheidung der Unterarten bei den Angaben)
    Wachstum auf Long Island: 1 Jahr alt 62 mm, 2 Jahre 84 mm, 3 Jahre 97 mm, 5 Jahre 107 cm.
    Geschlechtsreife der Männchen ab 7 cm Bauchpanzerlänge mit etwa 3 Jahren, Weibchen ab 10 cm Panzerlänge mit etwa 6 Jahren

    Pseudemys concinna suwanniensis, Suwannee-Schmuckschildkröte
    Geschlechtsreife der Männchen in Florida ab 14,6 cm Panzerlänge, Weibchen ab 14,0 cm.

    Pseudemys floridana, Florida-Schmuckschildkröte
    Wachstum in Südcarolina in den ersten Lebensjahren 2 – 4 cm Jahr, nach einigen Jahren abnehmend

    Pseudemys nelsoni, Florida-Rotbauch-Schildkröte
    Geschlechtsreife der Männchen ab 17 cm und ab 3 Jahren, Weibchen ab 26 cm und ab 5 Jahren

    Graptemys pseudogeographica, Falsche Landkarten-Schildkröte, Mississippi-Höckerschildkröte (keine Unterscheidung der beiden Unterarten)
    Wachstumsrate in den ersten 3 Jahren bei Männchen 0,43 mm/Monat, Weibchen 0,5 mm/Monat (diese Angaben stammen aus der Originalarbeit, im genannten Buch sind sie vertauscht - siehe unten bei der Antwort auf GerhardW's Beitrag)
    Geschlechtsreife der Männchen in Wisconsin ab 7,5 cm Bauchpanzerlänge mit 4-6 Jahren, Weibchen ab 8 Jahren und in Missouri ab 18 cm Bauchpanzerlänge

    Trachemys scripta scripta, Gelbwangen-Schmuckschildkröte
    Wachstumsrate in den erstes 6 Jahren in Virginia 13,1 mm/Jahr
    Geschlechtsreife in Georgia in einem unbelasteten Gewässer: Männchen ab 9 cm Bauchpanzerlänge, ab 4 Jahren, Weibchen ab 16 cm Bauchpanzerlänge.

    Trachemys scripta elegans, Rotwangen-Schmuckschildkröte
    1 Jahr: max. 5,5 cm, 2 Jahre 6,5 cm Panzerlänge
    Geschlechtsreife der Männchen in Illinois ab 9 cm Bauchpanzerlänge, Weibchen ab 15 cm Bauchpanzerlänge

    Die Angaben für diese beiden Unterarten der Buchstabenschildkröte variieren sehr. Das lässt sich hier einfach nicht zusammenfassen, da muss jeder für sich selber lesen und seine Schlüsse ziehen. Deshalb noch eine (immer wieder gerne wiederholte) Buchempfehlung, wo man das ganz genau nachlesen und vergleichen kann: Gibbons, J.W. (ed.) ( 1989 ) : Life history and ecology of the slider turtle. Smithsonian Institution Press.

    Die obigen Angaben sind Zitate aus dem genannten Buch. Bitte bei Bedarf selbst umrechnen! Und bitte für die eigenen Tiere die entsprechenden Schlussfolgerungen ziehen...

    In den genannten Büchern gibt es übrigens auch genaue Angaben zur Ernährung in der Natur, und oft auch zur Aktivitätsphase, d.h. indirekt zur Länge der Winterruhe. Es ist aber grundsätzlich nicht sinnvoll, die Bücher hier zusammen zu fassen, weil bei einer Zusammenfassung ja immer Informationen verloren gehen. Also nochmal die Bitte: Selber lesen!!!

    Viele Grüße Beate

    P.S. Die Literaturangabe zur Originalarbeit über Graptemys steht im von GerhardW zitierten Beitrag.

    [[ggg]Editiert von Fachmoderator am 18-10-2004 um 18:38 GMT[/ggg]]

    Kommentar


    • #3
      Re: Turbo-Wasserschildkröten

      Hi Wolfi,
      wolfi schrieb:
      Im Landschildkrötenforum wird ja schon "aufgeschrien", wenn ein Schlüpfling nach dem ersten Jahr mal über 50g wiegt. Wieso sagt bei den Wasserschildkröten keiner was dazu?
      Soweit mir bekannt ist, ist aber auch die maximale Lebensspanne bei den hier häufig gehaltenen nordamerikanischen Schildkrötenarten deutlich niedriger als bei europäischen Landschildkröten. Bei ihnen tickt die Uhr also einfach etwas schneller.

      Was die hohen Temperaturen angeht, sehe ich vor allem ein Problem in fehlender Nachtabsenkung und fehlendem Jahreszyklus. Tagsüber werden in den Randzonen der Teiche selbst bei uns im Sommer mit Leichtigkeit 27°C erreicht. M. E. sollte bei nicht tropischen Schildkröten nachts grundsätzlich die Heizung ausgeschalltet werden. Das Wasser kühlt dann auf ideale 22 - 24°C ab.

      Gruß, Editha

      Kommentar


      • #4
        Re: Turbo-Wasserschildkröten

        Hallo,
        auch ich habe mit Haltungsfehlern angefangen und habe Rat in diesem Forum gesucht.
        Ich kann nur sagen das sofort laut geschriehen und getadelt wurde und das der falsche Weg ist um jemanden für seine "kleinen" zu begeistern. Klar ist Kritik richtig und auch angebracht, aber der Ton macht immernoch die Musik.
        Was ich in meiner Anfangszeit sehr vermisst habe waren eindeutigere Tipps (klar ist das bei der Artenvielfalt schwer)! Aber wenn man über eine Art keine Ahnung hat sollte man besser ruhig sein und nichts sinnloses Posten. Mir haben am Ende doch die Bücher am besten geholfen, auch wenn ich hier immer gute Tipps erlangen konnte.
        Ich hoffe, das sich Eure Einstellung in bezug auf den umgang mit den Neulingen etwas ändert, aber eure Einstellung zum Artenschutz ist einfach klasse.

        MfG
        Fingi

        Kommentar


        • #5
          Re: Re: Turbo-Wasserschildkröten

          Fachmoderator schrieb:
          Graptemys pseudogeographica, Falsche Landkarten-Schildkröte, Mississippi-Höckerschildkröte (keine Unterscheidung der beiden Unterarten)
          Wachstumsrate in den ersten 3 Jahren bei Männchen 0,5 cm/Monat, Weibchen 0,43 cm/Monat
          Geschlechtsreife der Männchen in Wisconsin ab 7,5 cm Bauchpanzerlänge mit 4-6 Jahren, Weibchen ab 8 Jahren und in Missouri ab 18 cm Bauchpanzerlänge
          Ja wie denn nun?
          Im letzten Posting waren´s noch mm und die Männchen wuchsen langsamer, als die Weibchen.
          Siehe:
          http://www.dghtserver.de/foren/viewtopic.php?TopicID=26202

          Ich bitte doch um "etwas" mehr Genauigkeit. Schließlich geht es um lebende Tiere...

          Kommentar


          • #6
            Re: Turbo-Wasserschildkröten

            Hi!

            Das sehe ich genauso Wolfi!

            Meine Schildkröten und hier speziell mein Trachemys scripta troostii Männchen ist leider auch viel zu schnell gewachsen (und schon +/- "ausgewachsen" und geschlechtsreif), es ist noch keine 2 Jahre alt und 14,9cm gross bei ca 360 bis 365g (das sind aber die Messdaten vom 30. Juli diesen Jahres, sie ist jetzt wahrscheinlich schon grösser).
            Ich glaube allerdings, dass es dazu auch die genetische Vorraussetzung hatte, wenn auch diese alleine wohl nicht für dieses Ausmass gereicht hätte...

            Deshalb plädiere ich, Schildkröten - und hier auch schon die Jungtiere - (ob jetzt Wasser- oder Landschildkröte ist ja egal) bei denen das geht, auf jeden Fall draussen (natürlich in schildkrötengerechten Teichen/ Freilandanlagen mit [evtl. auch] beheizbaren Frühbeeten bzw. Gewächshäusern) zu halten, denn eine z. B. Rotwange wächst unter den kontinuierlich gleichmässigen Aquarientemperaturen natürlich zu schnell!
            Die brauchen eine Nachtabsenkung und auch Schlechtwettertage (allerdings nicht in so krassem Ausmasse, wie das bei uns der Fall ist, deshalb ja ein Frühbeet/ Gewächshaus/ eine Folienabdeckung oder Sonstiges, evtl. auch beheizbar) und nicht jeden Tag das gleiche "optimale" Wetter!

            Auf der anderen Seite müssen natürlich "Minimaltemperaturen" bzw. die Möglichkeit dass sich die Schildkröte ausreichend aufwärmen kann schon gegeben sein, aber viele Schildkröten sind, wenn sie sich aufgewärmt haben, auch bei niedrigen allgemeinen Lufttemperaturen bzw. Wassertemperaturen noch unterwegs, und das kommt meines Erachtens vielen natürlichen Habitaten am Nächsten: Da gibt es auch Tage (zwar nicht so kalt und so häufig wie bei uns, aber es gibt sie) mit relativ schlechtem Wetter, aber die Sonneneinstrahlung ist dort viel intensiver, somit kann sich auch die z. B. Rotwange auf ihre Vorzugstemperatur aufwärmen, auch wenn Wasser und Lufttemperaturen bei z. B. 15°C liegen (z. B. im Frühjahr oder Herbst oder während extremen Schlechtwetter im Habitat).

            Wenn geeignete Sonnenplätze geboten werden, sind Luft- bzw. Wassertemperatur zweitrangig (natürlich nicht bedeutungslos, aber eben nicht so konstant wie im "stets" temperierten Wohnraum).

            Ich hoffe, es ist klar worauf ich hinaus will...

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            • #7
              Re: Re: Re: Turbo-Wasserschildkröten

              Hallo GerhardW,

              danke für den Hinweis!

              Ja, es sind Millimeter. Und da merkt man auch, wie es beim Abschreiben geht - im Buch sind die Angaben vertauscht gegenüber der Originalarbeit.

              Also die Bitte an die Fornteilnehmer: Selber Bücher lesen und für das, was einen besonders interessiert, zusätzlich auch die Originalarbeiten besorgen und ebenfalls lesen... Die Beiträge in Internet-Foren können keine Publikationen ersetzen. Hier muss man immer mit Tippfehlern und Missverständnissen rechnen, weil's halt schnell gehen muss. Bei guten Publikationen schauen immer mehrere (Fach-)Leute drauf, und versuchen, derartige Fehler zu finden und zu korrigieren, bevor's raus kommt.

              Ich korrigiere also gleich noch die Angaben im obigen Beitrag. Im anderen Beitrag war's schon korrekt.

              Merci und viele Grüße
              Beate

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              • #8
                Re: Turbo-Wasserschildkröten

                Hallo!
                Temperaturen hin oder her, vieleicht sollte man auch mal etwas weniger füttern. Ein Fastentag mehr hat noch keiner Schildkröte geschadet, zuviel Futter schon!
                Gruß schnappi

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                • #9
                  Re: Turbo-Wasserschildkröten

                  Sollte man auch schon bei Jungtieren einen Fastentag einlegen oder ist es bei denen noch ratsam täglich zu füttern?

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